Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt
Storz fordert nähere Untersuchungen zu Folgen der Seewärmenutzung

Auch die Uni Konstanz plant die Kombination von Photovoltaik im Kombination wurde wurde dafür mit Zuschüssen von der Landesregierung bedacht. | Foto: Uni Konstanz/
  • Auch die Uni Konstanz plant die Kombination von Photovoltaik im Kombination wurde wurde dafür mit Zuschüssen von der Landesregierung bedacht.
  • Foto: Uni Konstanz/
  • hochgeladen von Redaktion

Kreis Konstanz. Lässt sich mit Wasser aus dem See umweltfreundlich heizen? Davon geht die Wärmenetzplanung der Stadtwerke Konstanz aus. Bis 2030 soll das Gebiet um die Bodenseetherme und die Uni Konstanz mit Wärme aus dem See versorgt werden. Die Stadt Meersburg plant bereits den Bau einer Energiezentrale im Freibad. Auch in Radolfzell wird das Thema für ein in der Projektierung befindliches Nachwärmenetz durch die Stadtwerke untersucht.  Die Kommunen rund um den See setzen also große energiepolitische Hoffnungen auf die Seethermie. Doch diese Technik kann Auswirkungen auf das Öko-System des Bodensees haben, meint der SPD-Landtagsabgeordnete und Fischereibeauftragte seiner Fraktion.

 Welche Folgen dies sind und wie die Bodenseefische davon betroffen sind, wollte der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Peter Storz einer Kleinen Anfrage von der Landesregierung wissen. Die Antwort der baden-württembergischen Umweltministerin Thekla Walker liegt nun vor.

Mit Seewärme die Universität heizen

Wie funktioniert die Seethermie?

Bei dieser Form der Energiegewinnung wird die Wärme des Seewassers unter Zugabe elektrischer Energie auf eine angenehme Temperatur gebracht. So ist das Heizen möglich. Das Wasser wird dabei aus 20 bis 40 Metern Tiefe entnommen, wo es eine vergleichsweise konstante Temperatur zwischen vier und acht Grad hat. Im Wärmetauscher läuft es an einem Kältemittel vorbei. Die Wärme des Wassers wird hier auf das Kältemittel übertragen, wodurch dieses verdampft. Die beiden Substanzen vermischen sich nicht im Verfahren. Das abgekühlte Wasser wird im Anschluss wieder in den See geleitet. Gerade vor diesem Hintergrund bietet der Bodensee ein enormes Potenzial zur Gewinnung von Energie.

Konstanz und Kreuzlingen wollen mit »Seewärme« heizen

“Wir sehen natürlich die Vorteile der Seethermie, beispielsweise in Hinblick auf eine Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern,” sagt der Landtagsabgeordnete Hans-Peter Storz (SPD), ergänzt aber gleichzeitig: “Herausforderungen und mögliche Nachteile, wie die Unklarheit darüber, wie viele Anlagen für den Bodensee als Ökosystem überhaupt verträglich sind oder wie Kleinstlebewesen und Fischnährtiere auf die Pumpen reagieren könnten, bleiben aber auch nach der Antwort der Landesregierung unklar,” führt Storz aus.

Auch Elke Dilger als erste Vorsitzende des Verbands badischer Berufsfischer sieht diesen Entwicklungen kritisch entgegen. “Die thermische Nutzung von Bodenseewasser zur Wärme- oder Kältegewinnung ist nur soweit zulässig, solange der Zustand des Sees und seiner Lebensgemeinschaften keinen Schaden nimmt",  führt die Berufsfischerin aus. Auch, dass den Bedenken eines gesamten Berufszweiges keine besondere Relevanz beigemessen würde, sieht Dilger traurig: “Mittlerweile sollte allen klar sein, dass es unserer heimischen Fischerei nicht gut geht. Unsere Fischbestände schrumpfen zunehmend - auch durch Bedrohungen wie den Kormoran, die Quagga-Muschel oder Stichlinge. Wir befürchten auch durch die Seethermie negative Folgen für unseren Berufsstand. Deswegen fordern wir ein Monitoring, dass im engen Zeitfenster mögliche ökologische Veränderungen, sowie Veränderungen für die Fische, deren Nahrung, die Kleinstlebewesen und auch für das Gewässer insgesamt beobachtet.“

Weitere Störungen im Lebensraum der Fische und eine weitere Bestandsreduzierung des Wildfisches im Bodensee hätten Folgen für den Kauf des regionalen Wildfisch, der bei vielen Leuten in der Region gerne auf der Speisekarte steht.
Mögliche Auswirkungen und auch potenziell negative Konsequenzen der thermischen Nutzung des Bodensees seien zum jetzigen Stand allerdings nicht absehbar. Die Landesregierung führt auf Anfrage aus, dass die seeweiten thermischen Auswirkungen beim aktuell vorhandenen und geplanten Ausbau der Anlagen gering sein würden und bei überwiegender Nutzung den Auswirkungen des Klimawandels sogar entgegenwirken könnte.

“Diese Annahme basiert nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen”, erklärt Storz. Auch Dilger führt weiter aus: “Ob das Kühlen des Sees dem Klimawandel wirklich entgegenwirkt, das halte ich für höchst fraglich, denn wenn Menschen - gerade in solch einem Ausmaß - in die Ökologie einschreiten, bringt dies immer Auswirkungen, die wir im Voraus nicht abschätzen können. Deshalb braucht es festgelegte Gesetze und Grenzen für den Bodensee und die Zukunft der Wärmenutzung“.

In Hinblick auf seine weiteren politischen Initiativen für den Bodensee, erklärt der Abgeordnete weiter: “Wir brauchen dringend Regeln und Leitlinien für eine ökologisch verträgliche thermische Nutzung von Gewässern zur Wärmegewinnung, die auf zuvor erhobenen Forschungsergebnissen basieren. Wir haben beispielsweise bereits jetzt ein Problem mit einem enormen Wachstum der Quagga-Muschel zu kämpfen. Um Anlagen zur Wärmenutzung komplett frei vom Quagga-Bewuchs zu halten, müssten engmaschige Filtersysteme verbaut werden. Hier fehlt es aber an Erfahrung. Sollen auch die winzigen Larven der Quagga-Muscheln aus den Seewärme-Anlagen ferngehalten werden, würde an den Filtern auch Zooplankton und größeres Phytoplankton hängenbleiben, was zu einer Veränderung des Nahrungsnetzes führen könnte. All das muss vorab berücksichtigt werden.”

Der bislang erste Antrag auf eine wasserrechtliche Genehmigung der Seethermie wurde von der Stadt Meersburg gestellt. Es wird damit gerechnet, dass das Landratsamt Bodenseekreis im Lauf des Jahres entscheidet.

Quelle: Wahlkreisbüro Hans-Peter Storz

Autor:

Presseinfo aus Singen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

3 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.