Premiere für die Story aus dem "Feed"
Sind wir nicht alle ein bischen "Dorian"?

Wer sind "P", "A" und "S" und wann sind die wer. Wie durch eine Scheinwelt der "Feeds" irren sie in Hannes Weilers "Das Bildnis nach Motiven des Drorian Gray. Im Bild Patrick O. Beck, Anne Rohde und Sarah Siri Lee König auf der Suche nach ihrer Authentizität im Angesichts des Bildnisses. | Foto: Theater Konstanz / Ilja Mess
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  • Wer sind "P", "A" und "S" und wann sind die wer. Wie durch eine Scheinwelt der "Feeds" irren sie in Hannes Weilers "Das Bildnis nach Motiven des Drorian Gray. Im Bild Patrick O. Beck, Anne Rohde und Sarah Siri Lee König auf der Suche nach ihrer Authentizität im Angesichts des Bildnisses.
  • Foto: Theater Konstanz / Ilja Mess
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Konstanz. Die digitalisierten Welten machen längst mit Fingertipp möglich, wozu in der vorletzten Jahrhundertwende noch ein skandalumwitterter literarischer Kraftakt nötig war. Klar als Oscar Wilde sein "Bildnis des Dorian Gray" auf den Markt brachte, steckte ihn eine noch absolut homophobe Gesellschaft in den Knast, obwohl dieser Traum vom "forever young" damals wie heute virulent ist, um das mal in aktuelle Dimensionen zu stellen.

Das muss sich auch Theatermacher Hannes Weiler gedacht haben, der sich nach dem "Don Quijote" nun eben die Sage des Dorian Gray hier als Parforceritt durch die "Feeds" mit einer genial gewählten Konstellation von Sarah Siri Lee König, Anne Rohde und Patrick O. Beck auf der Bühne, Meike Sasse als Dramaturgin hinter der Bühne wie Florian Dietrich als Schöpfer von Bühne und Kostüm sozusagen an der Bühne am Samstag zur Uraufführung brachte.

Auf der Bühne steht ein riesiger Smartphone-Bildschirm und das ist der Sprung die profanste Form der Selbstinszenierung unserer Gegenwart hin zur Geschichte der "Magic Mystery Surprise Box", die "A" (Anne Rohde) hier im Stile einer Influencerin nervtötend langsam und mit unendlich vielen Worten auspackt, und die sich selbst dabei sogar von der Bühne aus zuguckt.

Auch "P" (Patrick O. Beck) kann sich hier beobachten, wie er dazu aufruft, sich selbst und nur sich selbst zu lieben, was nach mehreren Versuchen gelingt und gefeiert wird, von allen dreien in dem Moment, wo sie sich erzählen, dass jetzt genau sie selbst seien. Die Frage von "P", in welchem Feed er jetzt eigentlich ist, macht die Illusion deutlich.

Der absurde Schreikrampf von "S" (Sarah Siri Lee König), warum sie jetzt ein gefühltes "Arschloch" ist, das Trio erfindet Abmachungen, die sie sogleich wieder bricht. Eine Schildkröte, die auf dem Teppich des Arztes ohne Salatblatt entdeckt wird, als sich "P" dort ein Gerstenkorn entfernen lassen will, gerät zum Drama.

Immer wieder muss man sich fragen, in welchem Feed das Trio gerade ist, ob es nun als Avatar oder als sich selbst agiert. Die Frage nach Identität, nach Authentizität, nach realer Präsenz stellt sich durch das ganze Stück ständig und im Publikum kann man diese Suche immer wieder erkennen: Wer ist das gerade auf der Bühne.

Und dann dieses Mystery Pack, nicht nur das Bildnis des Dorian Gray scheint ihm zu entweichen, sondern auch Sybil Vane als weiteres Mysterium des historischen Romans. "P" oder wer er auch immer ist, schießt in einer dunklen Szene beinahe "A" über den Haufen als Rache für einen Bruder oder eine Schwester, die es gar nicht gibt, und fragt sich selbst, schon wieder, in welchem Feed er gerade ist.

"Dorian", rufen die Schauspielenden, die sich mit dem Mord am Bildnis hinter der Bühne per Videoclip wieder zu sich selbst befreien müssen. "Du hast meine Liebe getötet", machte die Runde davor. Und auch ein "Nutella"-Glas wurde zum Wink des Schicksals.

Hannes Weilers Leidenschaft, dieses Stück von Identität zur Identität zu jagen, wirkt auch zuweilen komisch, wenn er das Bildnis auf der Bühne, das konträr zum Bildschirm des Smartphones steht, im Monsterstil donnern lässt. Aber der Altersschnitt des Premierenpublikums, für das sogar noch nachgestuhlt werden musste, täuscht etwas über die Zielgruppe: Denn gerade einem jüngeren Publikum könnte dieser "Feed" die Augen öffnen für den ewigen Traum von "Forever Young". "Wir waren nur ein Nebel der anderen, im Nebel der anderen". Oder: "Wir waren nicht die Spieler, sondern dessen Zuschauer!" Verstanden?

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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