"Nosferatu" begeistert auf dem Münsterplatz
Schauermär und eine Liebe über den Tod hinaus
Konstanz. Eine glänzende Premiere an einem dazu noch echten Sommerabend konnte das Theater Konstanz am Samstagabend mit "Nosferatu" feiern. Und wenn man den Namen auf die Vokale reduziert, entsteht daraus ein "Wolfsgesang" mit "oeau", der immer wieder von den Schauspielern markerschütternd zelebriert wurde, die hier auch als Artisten, Tänzer und Sänger auf der Bühne aktiv waren und aus dem Schauermärchen des blutrünstigen Vampiers aus den Bergen Rumäniens eine richtige "Konstanzer Geschichte" machten.
Professor Van Hasselt (Ingo Biermann), herumreisender Wissenschaftler, spricht in Konstanz vor dem Verein der Bildungsfreudigen über widernatürliche Phänomene unter besonderer Berücksichtigung des Vampirismus. Kaum eine Person schenkt ihm Glauben. So beginnt das Spektakel um den tragisch-grausigen Orlok, seines Zeichens Vampir - und der ist mit Luise Harder hier in der Konstanzer Inszenierung, die Stephan Treuwissen verfasst hat und welche unter der Regie von Mélanie Huber hier so trefflich in Szene gesetzt wurde, eine Frau!
Makler Nogg (Patrick O. Beck), ein richtig geschmeidiger Geschäftsmann, schickt seinen jungen Angestellten Hutter (Julian Mantaj) nach Siebenbürgen, um mit Orlok über den Kauf eines Hauses zu verhandeln, Hutters Verlobte Mathilda (Siri Lee König) ahnt zwar nichts Gutes, bleibt aber klar: „Geh oder bleib! Zögern zermürbt!“. Hutter geht, das Interesse Orloks ist geweckt und damit das Schicksal von Konstanz besiegelt. Denn Hutter muss im finsteren Schloss schon sein Leben lassen, in einer blutigen Orgie saugt ihm der Vampir alles Blut aus den Adern. Und das Amulett, das Hutter von Mathilda bekommen hat, erweckt grausige Gelüste. Dieser Hals hatte es Nosferatu ganz schön angetan. Orlok landet am Hafen an, doch das Schiff ist schon ohne Mannschaft, denn diese war der "Proviant" gewesen, nur der Kapitän (Odo Jergisch - in einer genialen Rolle, auch als Wirt) bringt das Schiff an Land. Die Freude über den adeligen Besuch ist zunächst groß, doch innerhalb von Tagen verwandelt sich das hübsche, friedliche Städtchen in ein riesiges Irren- und Leichenhaus, in einer mitreißenden Szene stirbt das Volk hier in einem furiosen Totentanz quasi im Sekundentakt. Nur wenn da nicht Mathilda wäre, die weiß, dass sie den Vampir nur lange genug hinhalten muss, bis der beim dritten Hahnenschrei von der Sonne berührt wird und zu Asche zerfallen muss. Das ist dann das Drama des sonst so amüsant in Szene gesetzten Klassikers, der viele so schöne Details bietet wie etwa eine Linda Marie (Jonas Pätzhold), die es auf den Professor einfach abgesehen hat und die es am Schluss sogar schafft, diesen wieder nach Konstanz zurück zu holen - als Ehrenbürger quasi, obwohl die Gefahr ja eigentlich längst wieder gebannt ist. Aber das ist dann eben wieder eine der Konstanzer Geschichten, denn mit einem großen Namen wollte man sich eben immer schon gerne schmücken. So mancher "Boxenstopp" bei den Mikrophonen wurde zur Premiere professionell bewältigt. Das musikalische Ensemble des Theaters machte ein herrliches Konzert mit mancher Lautmalerei aus diesem Stück. Bis zum 23. Juli kann man es nun fast täglich auf dem Münsterplatz erleben. Der unglaublich lange Applaus, der fast bis auf den letzten Platz besetzten Premiere zeigte, dass diese Konstanzer Reprise auf den großen Stummfilm-Klassiker von Murnau, der eben heuer seinen 100. Geburtstag feierte, noch immer eine unglaublich spannende Geschichte ist, zumal es die Regie verstand, hier immer wieder - auch mit der Unterstützung der »Statisten« herrlich funktionierende Bilder produziert. »Ich erinnere mich an die Freude am Gruseln, die mir als Kind schon gefiel«, sagt Regisseurin Mélanie Huber im Interview des Programmhefts. Genau das ist es, was dieses Stück mit Wärme und Witz füllen kann.
Karten gibt es vorab in der Theaterkasse im KulturKiosk, Wessenbergstr.41, in Konstanz (07531 / 900 2150) oder per Mail via theaterkasse@konstanz.de, oder als Ticket zum selbst ausdrucken unter www.theaterkonstanz.de
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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