Remiere von Jelinkes "Angabe zur Person"
Reibflächen zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Konstanz. Das wird erneut ein Stück, über das gesprochen wird. Am kommenden Samstag, 7. Dezember, 20 Uhr, feiert „Angabe der Person“ nach Elfriede Jelinek seine Premiere im Thater Konstanz.
Regisseur Hannes Weiler, der schon mit seinen unnachahmlichen Assoziationsketten bei „Quijote“ und „Das Bildnis nach Motiven des Dorian Gray“ zu überzeugen wusste, inszeniert nun zum dritten Mal in Konstanz und setzt in der Spiegelhalle Elfriede Jelineks „Angabe der Person“ in Szene. Die Autorin setzt effektvoll und mit plakativem Witz Gedankensprünge ein und kommt vom Hundertsten ins Tausendste. Spannend wird sein, welche Sprachbilder an der Reibungsfläche dieser beiden entstehen.
Ein mittlerweile eingestelltes steuerliches Ermittlungsverfahren nahm Elfriede Jelinek zum Anlass, auf ihre „Lebenslaufbahn“ zurückzublicken. Sie verwebt in „Angabe der Person“ ihren eigenen persönlichen „Steuerfall” und ihre kraftvolle Empörung darüber mit den Absurditäten der Vergangenheit und Gegenwart. In die eigenen Angaben zur Person schieben sich Berichte über das Schicksal ihrer jüdischen Verwandten, die während der NS-Zeit aus Österreich fliehen mussten, deportiert und ermordet wurden. Jelinek erzählt von Flucht und Verfolgung, von alten und neuen Nazis. Ihr Nachdenken führt auch zum Nachgehen globaler Finanzströme. Wie sehr profitieren Staaten bis heute von enteignetem jüdischen Vermögen? Wie viele NS-Größen wurden nach 1945 anstandslos entschädigt? Und was sind aktuelle Steuersparmodelle oder handfeste Betrugsskandale, von Cum-ex-Geschäften bis zu Wirecard?
Jelinek schreibt selbstironisch und mit tiefschwarzem Humor und deckt die Widersprüche unserer Zeit auf. Sie schreibt autobiografisch wie allgemeingültig. Über sich. Über uns. Über Deutschland, Österreich und die Schweiz.
„Der Theatertext „Angabe der Person“ ist einer ihrer persönlichsten“, erzählt Dramaturgin Meike Sasse und weiter: „Bereits der Titel verweist auf den besonderen Umgang Jelineks mit Sprache. Er steht wörtlich nicht nur für das bürokratische Prinzip, jemanden anzugeben, also zu denunzieren, sondern auch, dass eine Person mit etwas angibt, sich mit etwas brüstet oder schmückt. Ihre Komplexität und Intensität entfalten Jelinek-Texte nicht im stillen Lesen. Man muss sie hören. Es ist eine Sprache, die erst im Klang ihren Sinn entfaltet. Wie immer bei Jelinek und in diesem Fall ganz besonders, ist die Sprache eine gestische. Jelineks Texte zeichnen sich durch eine besondere Musikalität aus.“
Hannes Weiler (Regie & Video) hat sich dieser rasanten, rhythmischen und scharfsinnigen „Text-Komposition“ angenommen und bringt sie gemeinsam mit Florian Dietrich (Bühne) und Bettina Werner (Kostüme) bildgewaltig auf die Bühne. Mit großer Spielfreude agieren Julius Engelbach, Katrin Huke, Thomas Fritz Jung und Anne Rohde. Ein Fest für Augen und Ohren darf das Publikum in der Spiegelhalle erwarten.
Zur Premiere am Samstag, 7. Dezember, 20 Uhr gibt es noch einige Restkarten. Das Stück wird in weiteren Vorstellungen bis zum 17. Januar gezeigt. Mehr zum Stück und Karten über www.theaterkonstanz.de
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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