»Mobifair«: Probleme waren voraussehbar und vermeidbar / Rund 1.000 Beschwerden in drei Wochen
Regionalbus-Linien 400 und 200 sind die Problem-Hotspots
Kreis Konstanz. Drei Wochen nach dem problembehefteten Start des neuen Regionalbusverkehr des Landkreises Konstanz seien nun die Beschwerden der Fahrgäste ausgewertet worden und Brennpunkte identifiziert, gab das Landratsamt am Donnerstag bekannt. Besonders betroffen ist - wie auch schon mehrfach berichtet- die Linie 400 von Singen nach Stockach, die als Brennpunkt gewertet wird. Die Auswertung der mittlerweile beim Landratsamt eingegangenen rund 2.000 Beschwerden habe ergeben, dass bis zum 21. Januar 107 Fahrtausfälle und 63 Verspätungen gemeldet wurden. Weitere Hinweise betrafen mangelnde Ortskenntnis, nicht vorhandene oder falsche Richtungsanzeigen bei den Bussen, zu frühe Abfahrten, Beschwerden über den Buszustand und ein falsche oder fehlende Fahrplanaushänge.
Unter den Meldungen befänden sich viele Dopplungen, weshalb eine statistische Darstellung der Beschwerden sehr komplex und zeitintensiv sei. Die Auswertung der Linie 400 von Singen nach Stockach solle aber beispielhaft ein Eindruck der aktuellen Situation an manchen Orten verschaffen. Weitere Brennpunkte wie die Linie 200 auf der Höri seien noch in Bearbeitung.
Besser laufe es im Raum Tengen / Engen, wobei es auch hier noch Verbesserungsbedarf gebe. Hier erreichten das Wochenblatt aber doch auch Beschwerden, vor allem das Umsteigen betrifft. Ohne nennenswerte Vorkommnisse seien die Linien, die von der Firma Behringer bedient werden sowie der Bedarfsverkehr der Firma Schmidbauer / Fecht.
Um auf den besonders betroffenen Linien der Firma Klink eine Besserung zu erzielen, befinde sich das Landratsamt mit der Firma in ständigem Austausch. Schwachstellen würden identifiziert und Lösungen gesucht. Insgesamt zeichneten sich erste Verbesserungen ab, da beispielsweise die Fahrer mittlerweile die Strecken besser kennen und das Landratsamt mit Technikschulungen aushelfe. Zudem würden Fahrwege und Fahrpläne gegebenenfalls den Erfordernissen angepasst.
Zu beobachten sei außerdem, dass sich der Inhalt der Anrufe und Schreiben veränderten im Lauf der Tage. Waren es zu Beginn hauptsächlich Beschwerden über Fahrtausfälle oder mangelnde Streckenkenntnis, kommen nun vermehrt Verbesserungsvorschläge, die gerne aufgenommen und geprüft werden.
Das Landratsamt bedauert den misslungenen Start und hat alle Schritte unternommen, dass sich die Verhältnisse weiter verbessern beziehungsweise einen „Normalzustand“ erreichen. Dazu gehört insbesondere auch der ständige Kontakt mit der Firma Klink, in deren Bereich es die größten Probleme gibt, die dringend einer dauerhaften Abhilfe bedürfen.
Das bettreffe vor allem den Schülerverkehr. Wie bereits erwähnt, werde die dafür verantwortliche Firma weit über die vertraglichen Vereinbarungen hinaus vom Landratsamt zum Beispiel durch Technikschulungen unterstützt. Ein besonderer Dank gelte insbesondere den Schulen, den Gemeinden und auch den Eltern, die unterstützend tätig sind. Alle Betroffenen werden darum gebeten, Mängel auch künftig zeitnah zu melden, damit die Schwachstellen dauerhaft behoben werden können.
»mobifair«: Probleme waren vorher- und vermeidbar gewesen:
Die Probleme seien vorhersehbar gewesen, da die Aufgabenträger das Preisangebot als wichtigstes Kriterium bei der Vergabeentscheidung nutzen, meint die Organisation »mobifair«. Man verzichtete darauf, die Qualitätskriterien in den Vordergrund zu ziehen und vertraue dem „billigeren“ Bewerber, dass er letztendlich zum Betriebsstart die gewünschten Linien ordentlich bediene. Es finde im Ausschreibungsverfahren keine Kontrolle statt, mit welchem Bussen und mit welchem Personal die Fahrleistungen bewältigt werden. Man verzichte darauf, gewohnte und enge Bindungen, die im Laufe der Zeit zwischen einen Unternehmen - hier insbesondere zwischen den Fahrern - und Kunden bestehen, aufrecht zu erhalten. Das beinhalte eine „Billigvergabe“ auch nicht. »Wir sagen billig auf Kosten der Beschäftigten und letztendlich auch der Kunden.«
Und: »Richtiger wäre, die Ausschreibung mit klaren Vorgaben auszustatten und deren Einhaltung ständig zu kontrollieren. Wesentliche Vorgabe wäre die Sicherstellung eines sozial geschützten Personalübergangs. Das heißt, dass die Beschäftigten eines Altbetreibers mindestens zu ihren gewohnten Lohn- und Sozialstandards übernommen werden müssten. Dies sieht das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz Baden-Württemberg sowie die EU-Verordnung 1370/2007 vor. Leider als „Kann“-Regelung. Also man kann es tun, braucht es aber nicht. Im benachbarten Rheinland-Pfalz ist dies als „Muss“ festgelegt worden.«
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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