Bundestagsabgeordnete fordern klarere Regelungen an der Deutsch-Schweizer Grenze
Liebe ist ein "triftiger" Grund
Kreis Konstanz. Erstmals seit den zweiten Weltkrieg haben die Reaktionen auf die Corona-Pandemie die Grenzen dicht gemacht zwischen Deutschland und der Schweiz. Seit den vorübergehenden Grenzmaßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus sind Grenzübertritte nur noch aus einem nachweisbaren „triftigen Grund“ gestattet. Zur Aufrechterhaltung des Binnenmarktes gilt ein solcher Grund generell für Pendler, deren Weg zur Arbeit über die Grenze führt. Zudem ist der Warenverkehr nach wie vor möglich. Ansonsten sind Grenzübertritte lediglich aus „sonstigen Gründen" gestattet. Für diese muss ein entsprechender Nachweis erbracht werden und über die Gestattung, wird dann im Einzelfall an der Grenze entschieden. Und hier sind bei den Bundestagsabgeordneten der Region zwischenzeitlich doch einige Härtefälle aufgelaufen, bei denen die getroffenen Entscheidungen der jeweiligen Bundespolizei doch auf mehr als Unverständnis sorgen. Deshalb haben sie sich nun direkt an den Dienstchef und Innenminister Horst Seehofer gewandt.
Zur Genehmigung eines Besuchs des nicht unter demselben Dach wohnenden Lebenspartners - mit oder ohne Trauschein - heißt es in den FAQ der Bundespolizei: „Besuchsreisen sind nicht gestattet. Eine Einreise ist in diesem Fall grundsätzlich nicht möglich. Dies gilt auch dann, wenn beide Partner in unterschiedlichen Staaten wohnen und arbeiten und sich bisher regelmäßig gegenseitig besucht haben.“ Diese Handhabung trifft diese Menschen hart. Nach unserer Auffassung sollte ihnen der Grenzübertritt gestattet werden. Dies umso mehr als es doch den internen Regelungen aller Länder entspricht, dass trotz aller verordneten und empfohlenen Beschränkungen Lebenspartner sich selbstverständlich sehen können, schreiben die drei Abgeordneten Andreas Jung, Felix Schreiner und Armin Schuster an den Innenminister.
Für einen Grenzübertritt, um das eigene Kind zu treffen, ist aufgrund der FAQs der Bundespolizei zur Einreise ein „Nachweis zur notwendigen Betreuung“ des Kindes erforderlich. Weiter heißt es, bei einem geteilten Sorgerecht für ein Kind sei die Einreise gestattet, „sofern die Wahrnehmung des Sorgerechts erforderlich ist, damit die andere sorgeberechtigte Person berufstätig sein kann. Dies gilt entsprechend für die Übergabe des Kindes nach Ende des Umgangszeitraums. Geeignete Nachweise sind vorzulegen.“ Und schließlich wird zum Besuch eines sorgeberechtigten Kindes schlicht ausgeführt: „Besuchsreisen sind nicht gestattet. Eine Einreise ist in diesem Fall grundsätzlich nicht möglich.“ Diese Handreichungen verstoßen aus unserer Sicht eindeutig gegen den in Art. 6 GG verankerten Schutz der Familie, so die Abgeordneten in ihrem Schreiben an Seehofer.
Hinsichtlich einer Einreise-Genehmigung zum Beistand und zur Pflege von Familienangehörigen wird in den FAQ der Bundespolizei ausschließlich abgestellt auf „eine Betreuung eines Familienangehörigen aufgrund einer medizinischen Betreuung“ und die Frage nach deren Notwendigkeit wie folgt beantwortet: „Sofern der Familienangehörige in ärztlicher Betreuung ist, ist eine Einreise grundsätzlich nicht erforderlich. Sollte die Betreuung ausschließlich durch einen Familienangehörigen zwingend erforderlich sein, ist eine Einreise möglich. Mit einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung/Nachweis ist die Einreise gestattet.“ Wir halten es demgegenüber schon für verfehlt, nur im Falle einer medizinischen Betreuung die Notwendigkeit eines Beistands zu sehen. Es geht hier nicht um den „normalen“ Verwandtenbesuch, sondern um die Unterstützung beistandsbedürftiger Angehöriger auch unterhalb der Schwelle einer medizinischen Indikation.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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