Umweltminister besucht die »Kormoran« bei seiner Sommertour
Klimawandel raubt dem See den Sauerstoff
Konstanz/ Langenargen. Im Rahmen seiner Sommertour besuchte Umweltminister Franz Untersteller am Dienstag das Institut für Seenforschung (ISF) der LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg am Bodensee. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler informierten den Minister über die immer schneller voranschreitenden Prozesse der klimawandelbedingten Veränderungen im See. Vor allem der vergangene heiße Sommer 2018 zeigte die Auswirkungen deutlich.
Niedrigwasser und Badewannentemperatur begünstigten das Wachstum von Wasserpflanzen, lokalen Algenteppichen und wärmeliebenden Süßwasserquallen. Durch die niedrigen Wasserstände fielen Flachwasserzonen trocken und Sedimentstrukturen wurden an der Rheinmündung sichtbar. Nur aufgrund des nachfolgenden schneereichen Winters in der Alpenregion und der Regenfälle ist im ersten Halbjahr 2019 der Wasserstand im Bodensee wieder normal.
Sauerstoff- und Phosphorhaushalt
Eine noch schwerwiegendere Herausforderung für den Bodensee lauert in der Tiefe. Die heißen Temperaturen vermindern zusehends den vertikalen Stofftransport im Jahreszyklus und damit auch den Transport von Sauerstoff. Immer weniger Sauerstoff gelangt im Winter an den Grund. Gleichzeitig können sich in heißen Sommermonaten mehr Algen bilden. Sterben diese ab, sinken sie auf den Grund des Sees. Mikroorganismen bauen sie ab, dieser Vorgang verbraucht noch mehr Sauerstoff. Die Sauerstoffwerte in der Nähe des Seegrunds könnten so kritische Werte erreichen. Auch deshalb ist es wichtig, den Nährstoffgehalt im Wasser auf einem natürlichen Niveau zu halten, wurde dem Minister erklärt. Gelangt zum Beispiel zu viel Phosphat in den Bodensee, vermehren sich Algen und weitere Mikroorganismen noch stärker.
„Der Bodensee ist eines unserer wertvollsten Ökosysteme. Erfreulicherweise befindet er sich derzeit in einem für große und tiefe Alpenseen typischen naturgemäßen Zustand. Allerdings stellt der Klimawandel eine nicht zu unterschätzende Gefahr für den See dar. Deshalb müssen wir weiterhin dafür sorgen, dass der Phosphor-Gehalt auf einem niedrigen Niveau bleibt“, sagte Minister Untersteller. „Darüber hinaus wollen wir den See als Trinkwasserspeicher und Ökosystem vorsorgend vor weiteren Belastungen schützen. Mit der Modernisierung von Kläranlagen und dem Bau der 4. Reinigungsstufe zur Spurenstoffelimination sind wir auf dem richtigen Weg.“
LUBW Präsidentin Eva Bell erinnert im Zusammenhang mit der Diskussion um Phosphateinträge in den Bodensee daran, dass Sauerstoffmangel und erhöhte Wassertemperatur auch die Entwicklung der am Seegrund abgelegten Fischeier beeinflussen, so dass sich dies in letzter Konsequenz auch wieder auf die Fischpopulation auswirkt.
Forschungsschiff Kormoran
Während der Fahrt mit dem Forschungsschiff Kormoran demonstrierten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ISF, wie Proben des Bodenseewassers zur Analyse der thermischen Schichtung genommen werden. Anfang August 2018 wurde in der Seemitte des Obersees bei den regelmäßigen Messungen eine rekordverdächtige Temperatur von 25,6°C auf einem halben Meter Wassertiefe gemessen. Seit Beginn der Routinemessungen im Jahr 1963 war der See Anfang August noch nie wärmer. Bei der heutigen Ausfahrt ermittelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an einer vergleichbaren Stelle in der Seemitte zwischen Langenargen und dem Schweizer Arbon eine Temperatur von 22,8 Grad. Von der Oberfläche bis zum Seegrund wurde mit einer Multiparametersonde ein komplettes Vertikalprofil erstellt. Mit der Sonde wird nicht nur die Temperatur ermittelt, sondern auch Sauerstoff, Leitfähigkeit und weitere Parameter. Anschließend folgte die Entnahme von Wasser- und Planktonproben.
Der Klimawandel greift voll durch
Aufgrund des Klimawandels sind die Erwärmungstrends in den oberen Schichten des Bodenseewassers in den letzten Jahren höher als in den tieferen Schichten. Dies hat zu einer erhöhten Stabilisierung der Wasserschichtungen geführt. Auch die winterlichen Abkühlungen schwächen sich ab. Sie sind maßgeblich für den vertikalen Temperaturausgleich und damit für die vertikale Durchmischung. Die Jahresmittelwerte der Lufttemperatur lagen im Zeitraum 1990 bis 2018 im Durchschnitt um 1,3 °C höher als in den rund drei Jahrzehnten davor; die Wassertemperatur an der Seeoberfläche war um 1,2 °C wärmer (Abb. 1). Die klimatische Erwärmung spiegelt sich damit in der Temperaturentwicklung am und im Bodensee wider.
Mehr über aktuelle Forschungsprojekte gibt es unter www.kliwa.de
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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