Klinken befürchten Kollaps durch neues Virus durch durch den "Zickzackkurs" des Landes
Impftermine immer noch Mangelware

Bernd Sieber | Foto: In die Reihe der Kritiker der ständig verschobenenen Impfstofflieferungen an die Kliniken und deren Mitarbeiter reiht sich auch der Geschäftsführer der Gesundheitsverbunds, Bernd Sieber ein. swb-Bild: Screenshot/of
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Kreis Konstanz. Seit dem Dienstag hätte man sich anmelden können für Termine beim Kreisimpfzentrum in Singen, online oder per Telefon. Aber es blieb beim „hätte“. Aufgrund der geringen Lieferungen, für die wir zudem nur Ansagen statt Zusagen haben, können dort für die Zeit ab dem 9. Februar derzeit keine Termine vergeben werden, sagte Landrat Zeno Danner am Dienstag als aktuellen Stand. Das Impfzentrum wird zwar inzwischen Online-angezeigt, aber es gibt dort keine freien Termine zu haben.

Laut Landrat Danner wäre bei der augenblicklichen Lage mit rarem Impfstoff die Gefahr zu groß, dass man zu einem Impftermin komme, bei dem einem erklärt werden, dass Einzelimpfung mangels Impfstoff nicht möglich sei. Deshalb müsse man hier noch einige Tage Geduld haben, bis die Lage übersichtlicher werde.

Bayerisches Modell gefordert

Nicht nur unter den SeniorInnen und Vertretern der Seniorenbüros und Seniorenräte mehrt sich inzwischen die Kritik am hierzulande praktizieren Terminsystem. Der Konstanzer OB Uli Burchardt befand, dass die Menschen nicht verstehen würden, wie und wann man sich anmelden könne. Er plädiere deshalb für eine zentrale einmalige Anmeldung wie in Bayern. Dort würde man einem Impfort zugeordnet und es gibt dann eine Rückmeldung wann man drankomme, telefonisch wie online. Landrat Danner sagte auf Nachfrage, dass er sich dem durchaus anschließen könne. Denn wegen des komplizierten Verfahrens laufen gerade überall die Telefone heiß. Angesichts des so raren Impfstoffs forderte Burchardt zudem, dass im Zentralen Impfzentrum Freiburg entbehrlicher Impfstoff hier in den Kreis gebracht werden solle, um die Engpässe zu mildern.

Kliniken werden ungehalten

In die Röhre schauen da derzeit auch die Kliniken im Landkreis. Bernd Sieber als Geschäftsführer des Gesundheitsverbunds des Landkreises sprach am Dienstag von einem „dramatischen Zickzackkurs“: zum Einen weil in der vorletzten Woche eine „3. Verordnung“ für die Pflege- und Gesundheitseinrichtungen erlassen wurde, nach der der Zutritt nur noch mit FFP2-Maske und negativen Coronatest für alle vom Besucher bis zum Handwerker möglich sei, dann sei eine vierte Verordnung gekommen, nach der es dann hieß „FFP2 Maske oder negativer Test“. Inzwischen hatten wir uns schon auf die Tests der Besucher vorbereitet mit entsprechendem Personalaufwand, zeigte sich Sieber verärgert. Für Pflegeheime bleibt es bei der Testpflicht.

Noch keine Lieferzusage

Ähnlich verärgert ist Bernd Sieber darüber, dass dem Klinikverbund für Anfang des Jahres Impfstoff für rund 800 Mitarbeiter angekündigt wurde, von dem man bis jetzt nicht wisse wann und ob er überhaupt komme. Die Mitarbeiten stünden im Kontakt mit den Covid 19-Patienten wie mit Verdachtsfällen, weshalb ihnen ja größte Priorität eingeräumt wurde. Jetzt habe man den Hinweis bekommen, dass man übrige Impfdosen aus den Impfzentren für das Klinikpersonal nutzen solle, zeigte sich der Klinik-Geschäftsführer erbost. Das Exempel wurde am letzten Freitag beim Start des Kreisimpfzentrums schon mal durchgespielt, wie Landrat Danner vorrechnete. Denn Sicherheitshalber seien 198 Impfdosen für die erwarteten 90 Impflinge gekommen (die zweite Dose wird bereits für den zweiten Impfgang zurückgehalten. Von den 90 Impflingen seien wohl wegen des schlechten Wetters dann 84 gekommen, so dass die übrigen Dosen an Klinikmitarbeiter verimpft werden konnten, die kurzfristig einberufen wurden. „So konnten auch wenigstens sieben unserer Mitarbeitetenden geimpft werden“, sage Prof. Markus Schuchmann vom Konstanzer Klinikum. Übrige Impfdosen wolle man genauso den Mitarbeitenden des Krankenhaus Stockach wir der Kliniken Schmieder anbieten, wenn es denn welche gebe“, sagte Landrat Zeno Danner - auch in dieser Zeit der Armut. Wie auch zu erfahren war, sind Mitarbeitende des Gesundheitsverbunds schon bis nach Würzburg gefahren, um sich impfen zu lassen.

Klinik-Kollaps durch neues Virus?

Besorgt zeigt sich Prof. Frank Hinder angesichts der ausbleibenden Impfungen. Für ihn gibt es zwei Szenarien: Entweder die Lockdowns zeigen Wirkung und die Infektionszahlen gingen zurück und damit die Belastung der Kliniken und Pflegeeinrichtungen. So könne man vielleicht bis zum März durchkommen, wenn der Frühling Entspannung verspreche wie im letzten Jahr.

Oder aber die neue Mutation des Corona-Virus sorge für einen neuen Sprung bei den Infektionen in einer Zeit, in der das Klinikpersonal nicht geschützt sei. Unsere Mitarbeiter haben ein Leben außerhalb des Krankenhauses, verwies er auf eine Infektionsgefahr auch außerhalb der Klinik. Wenn dieses das Szenario eintritt werden wir alles Personal dafür brauchen, was wir haben. Das habe man, nur wenn geimpft worden sei. Klinik Geschäftsführer Sieber sieht durchaus die Gefahr, dass man dann an Grenzen komme. Hinder verwies auf die gerade gestartete Impfkampagne in Indien, vor das Klinikpersonal ganz am Anfang geimpft werde. Auch in Rheinland-Pfalz sehe man diese Priorisierung. „Vielleicht sollte der Ethikrat hier nochmals nachschärfen“, gab Hinder zu bedenken.

Grenzsituation wieder wackelig

Dass die Gefahr durch die neue Virusmutation durchaus berechtigt ist, machte Dr. Hannes Winterer vom Gesundheitsamt deutlich: derzeit seien mehrere Reiserückkehrer aus Großbritannien, Brasilien und England in der Abklärung und in Quarantäne. Um sicher zu sein, ob es die ansteckendere Virusmutation sein, müsse man eine sogenannte „Ganzgenomsequentierung“ vornehmen, bei der man drei bis vier Tage auf das Ergebnis warte. „Wenn die Mutation im November in England auftrat, ist sie wahrscheinlich schon längst hier angekommen“, vermutet Dr. Winterer. Nachgewiesen ist sie aber noch nicht. Offensichtlich auch nicht bei den Schweizer Nachbarn. Man habe sich gemeinsam am letzten Wochenende noch durchsetzen können mit der Beibehaltung den 24-Stunden-Regel für Bewohner der Grenzregion, sagte Landrat Zeno Danner. Wenn sich durch die Mutation eine neue Risikolage entwickle, könne damit ganz schnell Schluss sein, befürchtet der Landrat. Derzeit ist es noch möglich Besuche bei Verwandten nach der 24-Stunden-Regel ohne anschließende Quarantäne zu ermöglichen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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