Umweltausschuss lehnt Schaffung von Stelle ab
Grünen-Fraktion ist enttäuscht über Biodiversitäts-Diskussion

Symbolbild Kreistag | Foto: of/ Archiv

Kreis Konstanz. Auf Initiative der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen hatte der Kreistag des Landkreises Konstanzes im November 2020 die Landkreisverwaltung beauftragt, eine Biodiversitätsstrategie für den Landkreis Konstanz zu entwickeln. Anlass war und ist, dass sich auch in unserer Region die biologische Vielfalt deutlich verringert hat. Beispielsweise sind zahlreiche Vogelarten in den letzten Jahrzehnten regional ausgestorben und noch mehr Arten sind in ihren Beständen dramatisch eingebrochen. Bei den Insekten – als Nahrungsgrundlage für viele Lebensgemeinschaften Voraussetzung - sind bezogen auf deren Biomasse rund 80 Prozent verschwunden.

Saskia Frank und Prof. Dr. Rainer Luick, beide Kreisräte für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, betonen die Dringlichkeit einer regionalen Biodiversitätsstrategie:  "Erst vor wenigen Tagen wurden Ergebnisse der Studie zu planetaren Grenzen veröffentlicht. Laut den WissenschaftlerInnen sind bereits sechs von neun planetaren Grenzen, die für unsere menschliche Existenz maßgeblich sind, überschritten. Darunter auch die Artenvielfalt; der UN Biodiversitätsrat spricht sogar vom sechsten Massenaussterben der Erdgeschichte, das sich gerade abspielt.“
Für Saskia Frank und Rainer Luick spielt sich biologische Vielfalt nicht nur in Hotspots wie den Tropen ab, sondern ist eine Vor-Ort Verpflichtung. Die Biodiversitätsstrategie für den Landkreis Konstanz hat daher auch das Ziel, den Schutz und die Stärkung der Biodiversität als gesamtgesellschaftliche Aufgabe im Landkreis zu etablieren, über bereits bestehende Aktivitäten und rechtliche Mindestvorgaben hinaus.

Drei Jahre Vorbereitung für die Studie

Nach drei Jahren Vorbereitung wurde nun in der Sitzung des Technischen- und Umweltausschusses (TUA) des Kreistags am 18. September die von der Kreisverwaltung erarbeitete Strategie vorgestellt und diskutiert. Für die umfangreiche Studie und die gelungene und detaillierte Formulierung der Ziele gab es von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN großes Lob. Kritisiert wurde allerdings gleichzeitig auch, dass konkrete Umsetzungsschritte weitgehend fehlen oder nur ungenügend benannt sind, denn die Ziele sind nicht ohne Handeln und den dafür notwendigen Ressourcen erreichbar.

In der Vorlage der Verwaltung zur Biodiversitätsstrategie war vorgesehen, dass eine halbe Stelle für Koordinierungsarbeiten zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie eingerichtet werden soll. Für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN viel zu wenig – sie forderten eine volle Stelle für notwendiges Biodiversitätsmanagement verbunden mit regelmäßigen Monitoring- und Evaluationsaufgaben, um die Umsetzung der formulierten Ziele der Strategie zu begleiten. Nach heftigen Diskussionen im Ausschuss mit Meinungen, dass man weder ein Monitoring noch eigenständige Personalstellen in diesem Handlungsbereich wünsche, wurde lediglich die vorliegende Strategie verabschiedet. Selbst die von der Verwaltung vorgeschlagene Einrichtung einer halben Stelle wurde mehrheitlich abgelehnt.

Der See braucht "Seegras"

Der Stellenwert der Thematik Naturschutz und biologische Vielfalt bei der Mehrzahl der KreisrätInnen wurde auch bei der Debatte über das sogenannte "Seegras" in den Uferbereichen des Bodensees deutlich. Vor allem von Kreisrat Ulrich Burchardt, Oberbürgermeister der Stadt Konstanz, wurde vehement eine generelle Freigabe der flächenhaften Entfernung von "Seegras" entlang der gesamten Uferzone der Stadt Konstanz, das heißt auf einer Strecke von mehr als 30 Kilometern, gefordert.

Wobei der Begriff „Seegras“ eigentlich fachlich falsch ist. Denn Seegräser gibt es als Artengruppe nur in den flachen Küstenzonen kalter und salzhaltiger Meere. Bei uns am Bodensee besteht diese Unterwasservegetation aus zahlreichen unterschiedlichen Arten, wie zum Beispiel Laichkräutern und Armleuchteralgen.

Beim Schwimmen und vor allem bei den im Sommer klimawandelbedingt immer häufigeren Niedrigwasserständen können diese Wasserpflanzen zwar lästig sein, aber sie spielen gleichzeitig eine zentrale Rolle im Ökosystem des Bodensees: Der Dschungel dieser Unterwasserpflanzenwelt ist eine der wichtigsten Kinderstuben für zahlreiche Fischarten, die Wasserpflanzen produzieren wichtigen Sauerstoff, helfen beim Erosionsschutz des Ufers und binden auch Kohlendioxid in ihrer Biomasse, die nach dem herbstlichen Absterben der Pflanzen auf den Seeboden sinkt und damit Kohlendioxid effektiv im Sediment bindet.

Dieses „Problem“ muss nach Ansicht der Grünen-Fraktionssprecher daher differenziert und in Abwägung der massiven ökologischen Schäden bei einer großflächigen und jährlich mehrfachen Entfernung, wie von einigen Kreisräten gefordert, gesehen werden. Darüber hinaus gebe es auch grundsätzliche rechtliche Restriktionen. Kleinflächige Entkrautungen, die auf die ufernahen Bereiche offizieller Badestellen begrenzt bleiben, sind nach Meinung von Saskia Frank und von Prof. Dr. Rainer Luick aus gewässerökologischer Sicht vertretbar.

Suche nach Fördermitteln

Am Ende der Diskussion zur Biodiversitätsstrategie wurde beschlossen, jährlich über den Stand der Umsetzung zu berichten – wie diese Umsetzung jedoch ohne Koordination und finanzielle Unterstützung realisiert werden soll, bleibt zunächst offen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Kreistag wird sich weiterhin nachdrücklich dafür einsetzen, Natur und biologische Artenvielfalt im Landkreis Konstanz zu schützen und zu stärken, kündigte sie an.

„Wir werden nun auch selbst prüfen, ob die notwendigen personellen Ressourcen für die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie nicht doch über weitgehend kostenneutrale Förderprogramme des Landes oder des Bundes zumindest temporär realisiert werden können“, erklären Saskia Frank und Prof. Dr. Rainer Luick abschließend.

Quelle: Kreistagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Saskia Frank und Prof. Rainer Luick

Autor:

Presseinfo aus Singen

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