Befreiung der Konzentrationslager vor 75 Jahren ist Thema für das ZfP Reichenau
Gedenken der Krankenmorde und "Aktion Euthanasie"
Reichenau. Der Gedenktag zur Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz von 75 Jahren wird im Zentrum für Psychiatrie Reichenau mit seiner besonderen Veranstaltung begangen. Genau am 27. Januar, 10.30 Uhr (bis 12 Uhr) findet im Hörsaal des Haus 20 ein Vortrag über Werner Heyde statt unter dem Titel "Eine Karriere zum Psychiatrieprofessor und einem der Haupttäter der Krankenmorde" statt, der von Professor Dr. med. Martin Krupinski gehalten wird, der seit Oktober 200 Leiter der Abteilung für Forensische Psychiatrie am Universitätsklinikum Würzburg ist,
Werner Heyde, geboren 1902, studierte Medizin und begann im Sommer 1926 seine Universitäts-Karriere an der Psychiatrischen und Nervenklinik in Würzburg. Diese hatte einen Arbeitsschwerpunkt im Bereich der psychiatrischen Begutachtung, heute als Teilgebiet unter dem Begriff Forensische Psychiatrie bekannt. 1933 erstellte Heyde ein positives Gutachten über den mit Schutzhaftbefehl der Klinik zugewiesenen Theodor Eicke, so dass dieser kurze Zeit später Kommandeur des Konzentrationslagers Dachau werden und zum Inspekteur der Konzentrationslager und Chef der SS-Totenkopfverbände aufsteigen konnte. 1936 trat Heyde in die SS ein und bildete in ganz Deutschland KZ-Lagerärzte für die Selektion von Häftlingen für die Zwangssterilisationen aus. Ab Sommer 1939 war Heyde an der Planung der mit dem Euphemismus „Euthanasie“ bezeichnete Krankenmorde beteiligt und zunächst alleiniger Obergutachter. Nach dem Umzug der Zentrale der Krankenmorde in die Tiergartenstr. 4 in Berlin wurde er im Sommer 1940 zum medizinischen Leiter der später sogenannten „Aktion-T4“. Heyde suizidierte sich vor dem gegen ihn wegen Mordes in 100.000 Fällen angestrengten Strafprozess 1964.
Im Januar 1996 proklamierte der damalige deutsche Bundespräsident Roman Herzog den Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch Sowjetische Truppen am 27.1.1945 zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, unter anderem mit den Worten: „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedanken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“
2005 erklärten die Vereinten Nationen den 27. Januar zum internationalen Holocaustgedenktag. 2008 führte Dr. Norbert Lammert, der Präsident des Deutschen Bundestages, unter anderem hierzu aus: „Wir gedenken aller Opfer eines beispiellosen totalitären Regimes: Juden, Christen, Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, Homosexuellen, politisch Andersdenkenden sowie Männern und Frauen des Widerstandes, Wissenschaftlern, Künstlern, Journalisten, Kriegsgefangenen und Deserteuren, Greisen und Kindern an der Front, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern und der Millionen Menschen, die unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entrechtet, verfolgt, gequält und ermordet wurden... Und wir bekennen zugleich unsere besondere Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und Intoleranz.“
Seit vielen Jahren begeht das Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Reichenau diesen Gedenktag mit öffentlichen Fachvorträgen aus Psychiatrie, Ethik und Justiz sowie mit einer Kranzniederlegung an unserem Mahnmal für die ermordeten Patientinnen und Patienten aus unserer psychiatrischen Klinik.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
Kommentare