Der Möbelhandel steht noch vor der größeren Corona-Delle und wartet auf eine Öffnungsstrategie der Politik
Es wurde noch nichts an den Horizont gemalt
Kreis Konstanz. „Unsere ganze Branche hätte sich gewünscht, dass am letzten Mittwoch da ein kleines Licht an den Horizont gemalt wurde, aber es kam nicht mehr, als dass die Läden nochmals mindestens vier Wochen geschlossen bleiben”, zeigt sich Christoph Bürker, Geschäftsführer der Braun Möbelcenter (Reutlingen) mit ihren 10 Einrichtungshäusern und 1.200 Mitarbeitenden enttäuscht.
Und damit ist er ganz und gar nicht alleine: „Wir brauchen schnell Klarheit, das ist unser größtes Problem”, sagt Günter Dick aus Lauchringen, der mit seiner Wohnparc-Gruppe auch die drei Stumpp-Häuser in Stockach bespielt. Die Unsicherheit in der Branche sei groß, und wenn man bis Ostern noch warten müsste, mit den jetzt eingeführten Inzidenzzahlen von 35 vor Öffnung, sei es zu spät. „Mit der Zeit wird es immer schwieriger für uns”, zeichnet Günter Dick den Ernst der Lage.
Zwei verschiedene Welten
Stillstand herrscht in den Möbelhäusern gegenwärtig übrigens keineswegs, denn noch läuft die Auslieferung bestellter Möbelstücke und Küchen aus der Zeit vor dem Lockdown, während die Verkäufer in die Kurzarbeit geschickt werden müssen. „Wir haben inzwischen freilich viel abgearbeitet und dann kommt das Tief für unsere Monteure, die dann keinen Nachschub mehr bekommen, so dass die dann in Kurzarbeit müssen, wenn das Beratungspersonal in den Einrichtungshäusern wieder an die Arbeit darf. Wir rechnen, dass es richtig ernst von März bis Juni wird”, sagt Günter Dick. Denn das ist die Schlinge der Rettungsschirme: fiskalisch machen die Möbelhäuser derzeit Umsätze, weil das erst mit der Bezahlung der Rechnung gebucht wird. Das Geldloch steht noch bevor.
Was an Direktumsatz in den Möbelhäusern gemacht werde, durch die Boutiquen mit Randsortimenten oder Abholmöbeln, seien unter 30 Prozent am Umsatz der Möbelhäuser, so Christoph Bürker (Braun Möbelcenter).
Ähnlich sieht es in den anderen Möbelhäusern aus.
Im Wohnland Hauber wird auch noch fleißig montiert, bei den Kunden daheim, weil es Handwerk ist. „Wenn Kunden bei uns anfragen, dann ist schon schwer zu vermitteln, weshalb sie uns nicht besuchen dürften, selbst wenn sie alleine kämen”, sagt Geschäftsführerin Ursula Schwarz. Denn Möbel kauft man nicht aus dem Katalog oder Internet, man müsse sie erst anprobieren. „Und verteilen könnten sich die Kunden bestens auf unseren 2.000 Quadratmetern.”
Der Möbelhandel hat im Vorfeld der Verhandlungen Konzepte entworfen, die weit über das hinausgehen, was für den sonstigen Handel gegangen wäre, sagen Günter Dick und Christoph Bürker gegenüber dem Wochenblatt. Da wären pro Kunde 50 Quadratmeter das Minimum gewesen. Aber darauf habe es keine Antwort gegeben.
Sonderkonjunktur ist vorbei
Die Tristesse in der Branche ist groß. Nicht nur durch die fehlende Perspektive der Politik. „Letztes Jahr hatten wir nach dem Lockdown eine Sonderkonjunktur, weil die Menschen nicht in Urlaub konnten und das Geld zum Beispiel in neue Einrichtungen oder Küchen investierten”, ist von allen Befragten fast unisono zu hören. Doch dieses Geld sei ausgegeben und das damalige Gefühl, dass man die Krise hinter sich habe, gebe es auch nicht mehr. „Es wird für uns wohl ein verlorenes Jahr”, zeigt sich Günter Dick pessimistisch. „Ein zusätzliches Problem sind jetzt schon die Lieferketten und die durch die Lockdowns irgendwo auf der Welt falsch positionierten Container”, macht Christoph Bürker klar.
Viele Küchen wären fertig, wenn die Geräte darin nicht fehlen würden, die wiederum wegen fehlender Bauteile aus Fernost nicht fertig gebaut werden können.
Wertigkeit der Arbeit
Bei all den Diskussionen: „Da geht es auch um die Wertigkeit der Mitarbeiter, die hier arbeiten wollen. Und es gibt den Kontrast zum geöffneten Lebensmittelhandel, wo ein Infektionsrisiko offensichtlich akzeptiert wurde”, so der Braun-Geschäftsführer.
Dunkle Wolken
Eine dunkle Perspektive gibt es freilich bereits: Der Verband deutscher Möbelhersteller vermeldet dieser Tage, dass der Auftragseinbruch für Januar schon bei 80 Prozent liege. Über die Hälfte der Möbelbetriebe hierzulande hätten deshalb im Februar schon auf Kurzarbeit umstellen müssen.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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