Gefeierte Premiere des Familientheaters
Eine Oma gleich mit doppelten Doppelleben
Konstanz. "So ein Theater" kann im positiven Sinne zum diesjährigen Familienstück "Gangsta-Oma" von des Stadttheaters Konstanz sagen, das bis zum Weihnachtsfest wieder der große Publikumsrenner der Saison mit rund 50 Aufführungen werden dürfte. Denn obwohl diesmal nicht "Märchen" draufstand, ist dieses "Theater" eben doch im Kern ein Märchen, eben eins aus unserer Zeit. Und das hat die Kinder mächtig schon bei der Premiere bewegt, nachdem sie Intendantin Karin Becker mit sichtlicher Begeisterung für die richtige Lautstärke trainiert hatte.
Susi Weber hatte schon Anfang dieses Jahres mit ihren "Kleinen Horrorladen" für ein prickelnd begeistertes Publikum gesorgt, jetzt konnte wieder im Gespann mit Luis Graninger (Drehbühne) und Katia Bottegal (Kostüme) und diesmal mit Carola von Gradulewski (Dramaturgie) und mit Musik von Wolfi Rainer die Vorlage von David Williams in der Bühnenfassung von Neal Foster als echter "Blockbuster" auf die Bühne gebracht werden.
Und dabei fängt die Geschichte ziemlich mies an. Denn Ben (Leonard Meschter) will von Herzen eigentlich Klempner werden und opfert sein ganzes Taschengeld für die "Klempnerwoche". Doch seine Eltern (Ingo Biermann und Ana Eger) ignorieren das nicht nur, sie schicken ihren Sohn auch jeden Freitag zur Oma (Michaela Allendorf) weil sie dann im Tanzstudio mit dem von Mama vergötterten, aber gealtertem Startänzer Flavio Flavioli (auch Ingo Biermann) die Nacht gerne man durchmachen.
Und vor diesen Freitagen graut es dem im Stück Elfjährigen immer mehr. Denn Oma zwingt ihn nicht nur, ihre Kohlsuppe zu essen, danach den Kohlauflauf und auch noch ein Dessert aus Kohl, sondern auch die Reaktion des Darms auf diese Gerichte in voller Lautstärke zu ertragen. Denn die Oma pupst natürlich bei jedem Schritt, was die Kinder grandios begeistert, weil das hier richtig erlaubt ist. Und dann noch Scrabblespiel und eine Stunde früher als daheim ins Bett müssen, begleitet von einer drögen Gutenacht-Geschichte. Ben würde am liebsten fliehen, aber er hat niemand, der ihn abholt.
Und dann macht Ben die Schublade des Küchentischs auf und was entdeckt er da? Eine ganze Bonbonbox voller Diamanten und Juwelen, was seinen Kopf zum Prickeln bringt. Ist die Oma doch etwas anderes als dieses Pupsmonster, das außer Kohl und Einsamkeit nichts zu bieten hat?
Der Schatz geht ihm nicht mehr aus dem Kopf, eines Nachts flieht er von daheim, wo er nun nach dem Willen der Eltern zum neuen Startänzer werden soll, weil es endlich jemand aus der Familie zu etwas bringen soll, zu mehr als zum Kaufhaus-Detektiv und Nageldesignerin. Und er findet seine Oma auf der Straße im "Superoma-Kostüm", wie sie gerade mit einer Kohldose die Scheibe eines Juwelierladens zerdeppern will. Klar, dass das volle Droge für den Jungen ist, der seine Oma ganz neu mit ihrem "Doppelleben" entdeckt. Sie soll ja tatsächlich die größte Juwelendiebin sein, der noch niemand auf die Schliche gekommen ist.
Und nun geht es noch um den großen Traum: die Kronjuwelen aus dem Tower in London. Dank seines Klempnerhefts weiß Ben, wie man über längst vergessene Abwasserkanäle da rein kommen könnte, wenn die Oma den Wachen als Besucherin rechtzeitig ein Schlafmittel gibt. Und dieser Plan geht auf: Sie schaffen es, aber am Schluss ist es Ben, der das Streichholz für die Sprengladung nicht zünden kann und sie dann auch noch die "Queen" (Lilian Prent) persönlich erwischt. Oje möchte man denken, aber die Queen versteht die Einsamkeit der Oma und freut sich besonders über die Kohlsuppe aus der Thermosflasche, die sie auch mal wieder zum pupsen bringt.
Kurzum: die beiden Juwelendiebe werden postwendend begnadigt und es klingt nach Happy-End mit der neu entdeckten "Gangsta-Oma". Doch da offenbart sich ein weiteres "Doppelleben", denn die Oma behauptete dem "Gangsta" nur, behauptet sie, und in Wirklichkeit war sie todkrank und starb alsbald. Und dann erfährt Ben von der Frau am Zeitungskiosk, dass man in einem Laden eine Bonbondose voller echter Juwelen entdeckt habe.
So bleibt ein Rätsel am Schluss, ein wirklich zauberhaftes, welches den Blick hinter die Fassade so mancher Menschen öffnet, denn wer weiß, wer da noch in Wirklichkeit ein "Gangsta" ist. Und wenn man dort war, kann man sich hier noch sein eigenes Fahndungsbild im Foyer machen.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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