Dr- Lina Seitz und Kevin Kühnert im »Pub Quiz« als Wahlkampf-Format
Die Wohnungspolitik könnte die Wahl entscheiden
Konstanz. Sie sind beide 32 Jahre alt und in ihren Wahlkreisen entscheidet die Frage: „Können wir uns ein Dach über dem Kopf leisten?“ möglicherweise die Bundestagswahl. Was lag also näher, dass die SPD-Bundestagskandidatin im Kreis Konstanz Dr. Lina Seitzl den stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Kevin Kühnert zu einem Gespräch über Mieterhöhungen und Wohnungsbau eingeladen hatte. Neu war das Format: Die Teilnehmerinnen der Online-Veranstaltung durften nicht zur zuhören und Fragen stellen: In einem Pub-Quiz wurden sie um Einschätzungen zu Daten und Fakten gebeten: So besitzt die städtische Wohnungsbaugesellschaft WOBAK 4155 Wohnungen und ist damit der größte Vermieter in Konstanz, berichtete Lina Seitzl. Kaum vorstellbar, wohin die Mietpreise ohne dieses Korrektiv am Markt steigen würden, so die SPD-Kandidatin.
Mehr Sozialwohnungen, die sich an breite Schichten der Bevölkerung richten, ist eine Kernforderung der SPD für die nächste Wahlperiode, sagte Kevin Kühnert, der im SPD Parteivorstand das Thema Wohnungspolitik federführend betreut. Mindestens 100.000 dieser Wohnungen sollen in der nächsten Wahlperiode neu entstehen, forderte Kühnert eine wesentliche Kurskorrektur gegenüber der bisherigen Regierungspolitik. Dort habe der größere Koalitionspartner, die CDU viele wichtige Schritte blockiert. Angesichts der zahlreichen Parteispenden aus der Immobilienlobby kein Wunder, kritisierte Kühnert.
Die Stadt Konstanz ist sowohl für Mieter als für Eigentümer ein besonders teures Pflaster, sagte Seitzl. Mittlerweile seien die Mieten teurer als in Düsseldorf oder Frankfurt. Auf solch angespannten Wohnungsmärkten müsse die Preisentwicklung gedämpft werden. Dazu möchte die SPD einen auf fünf Jahre befristeten Mietenstopp einführen, der extremen Preissteigerungen einen Riegel vorschieben könne. Dabei werde zwischen angespannten und ausgeglichenen Wohnungsmärkten differenziert, kündigte Kevin Kühnert an. Auf angespannten Wohnungsmärkte wie im Kreis Konstanz seien auch höhere Fördermittel notwendig.
Warum wird Bauen immer teurer? Einer der Gründe sei die Spekulation mit Grund und Boden, machte ein Stadtplaner Kühnert auf ein sich weiter verschärfendes Problem aufmerksam. Die Städte hätten zuwenig Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Hier sollte, so Kühnert, eigentlich das Baulandmobilisierungsgesetz helfen, das den Städten erweiterte Vorkaufsrechte für Grundstücke in die Hand gebe. Doch die neuen Instrumente greifen erst, nachdem die Länder mit einer Rechtsverordnung die Städte und Gemeinden benannt haben, in denen sie gelten sollten. Somit kommt ein weiterer Akteur ins Spiel, das Land Baden-Württemberg, das bislang wenig Interesse an diesem Instrument gezeigt habe.
Zu hohe Mieten gefährdeten mittlerweile auch die soziale Versorgung im Kreis Konstanz, betonte Lina Seitzl: Kita-Plätze bleiben unbesetzt, weil das Erzieherinnengehalt nicht für eine Wohnung in den Städten im Kreis ausreiche. Auch der Gesundheitsverbund oder Pflegeheime hätten zunehmend Probleme, Fachkräfte in den Kreis zu locken, weil es für sie keine Wohnungen gebe. Diese Entwicklung berge erheblichen sozialen Sprengstoff, gegen den sie als Abgeordnete etwas unternehmen werde.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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