Sehr großer Andrang für "Von Windeln verweht"
Die Tragödie eines Konstanzer Kinosterbens
Konstanz (of). Es ist eine sehr persönliche Aufarbeitung, die Regisseur Douglas Wolfsperger da mit "Von Windeln verweht" gewagt hat. Die Geschichte des durch Investoren und eine Drogeriemarktkette herbeigeführten Sterbens des "Scala Filmpalast", das 2016 schließen musste, um eben einem Drogeriemarkt Platz zu machen, bewegt die Menschen noch immer, wie der große Andrang auf die beiden Vorpremieren im Konstanzer Stadttheater deutlich machte. Douglas Wolfsperger, der bei beiden Aufführungen dabei war, und die vielen Fragen und Statements aus dem Publikum beantwortete und aufnahm, machte damit auch sehr eindrücklich deutlich, wo er selbst seine Sozialisation zum Kino bekommen hatte. Und auch wenn er erst wieder aus Berlin an den See kam, als der Tod des "Scala" nach 80 Jahren längste beschlossen war, so gelingt es im den Geist dieses Kinos ein Stück weit in unserere Zeit zu retten.
Wolfsperger prägt den Dilm mit Interviews, die er hier in Konstanz führte. OB Uli Burchardt hat eher nur ein Achselzucken parat und verweist auf die Privatwirtschaft, eine Krankenschwester wie ein anderer Kinofan aus dem Thurgau beschreiben die Magie, die sie in diesem Kino erlebt haben, Journalist Lutz Rauschnick wie Theaterintendant gehen in einer Analyse und üben Kritik an der Kulturpolitik, CDU-Stadtrat Kurt Nabholz erklärt, weshalb er nicht dagegen war und stellt sich dafür am Premierentag auch der Kritik, Ex-Tatort Kommissarin Eva Mattes erzählt aus den Drehtagen in der Stadt, bei denen für sie dieses Kino unbedingt dazu gehörte. Interessant ist, wer alles nichts sagt oder nichts sagen darf. Bei der Verwendung von Podcasts aus dem Ratssaal zu den Entscheidungen über das "Scala" sind die Köpfe der Gemeinderäte mit Smilies übedeckt, vorsichtshalber, sagt Wolfsperger. Ein Interview des ehemaligen Hausbesitzers wird per Anwalt über den neuen Investor gesperrt, der Kinobetreiber bleibt ebenso tonlos wie Götz Werner, der Erfinder der Drogeriemarktkette "dm". Von dem gibt es wenigstens einen Brief an Prof. Nix, mit dem seine Position für diesen Markt an diesem Standort an der Grenze bekräftigt wird.
Die Diskussion nach der Vorführung im großen Saal des Theaters entzündet sich immer wieder an der Konstanzer Kulturpolitik und die Meinung bleibt, dass dieses "Aus" hätte verhindert werden sollen. Douglas Wolfsperger will mit dem Film in anderen Städten auch Stadtplaner zur den Vorführungen einladen. Das Ende des "Scala" ist für ihn mehr als eine Tragödie, es gibt zudem viele Parallelen in anderen Städten. Für Konstanz liegen für die Nachteile auf der Hand. Zwar gibt es im Lago nun ein "Programmkino", doch das reiche längst nicht aus, um besondere Filmpremieren abseits der "Blockbuster" in die Stadt noch zu bekommen, wenn auch einige Verleiher hier inzwischen auf das kommunale "Zebra"-Kino ausweichen.
Wie es um die Förderung solcher Produktionen bestellt ist, machte der Klingelbeutel deutlich, den Wolfsberger am Schluss auspackte. Trotz Spenden und einigen Zuschüssen, unter anderem vom Kanton Thurgau, war am Schluss doch noch ein Darlehen nötig, um den Film endlich fertig zu stellen.
Offizieller Kinostart von "Von Windeln verweht" ist am 21. März. In Konstanz wird der Film mehrmals in den nächsten Tagen noch in Konstanz und Kreuzlingen gezeigt. Die Termine gibt es hier. Für den 16. April ist die Vorführung in Singen durch das Kommunale Kino Weitwinkel im Beisein von Wolfsberger geplant. Im Radolfzeller Universum-Nostalgiekino wird der Streifen am 4. und 7. April gezeigt.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
Kommentare