Viel Applaus für die Premiere von "Hermann der Krumme" auf dem Münsterplatz
Die Schranken der Gebrechen überwinden

Hermann | Foto: Der Funke sprang über am Samstagabend zur Premiere von "Hermann der Krumme" auf dem Münsterplatz, trotz Corona-Abstand und Sängern mit Schutzmasken. swb-Bild: of
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Konstanz. "Wer wagt, gewinnt", kann man zur Premiere der diesjährigen Sommerfeststpiele sagen. Denn mit besonderen Regeln angesichts der aktuellen Corona-Verordnungen ist es gelungen, dieses Stück doch auf die Bühne zu bringen - und innerhalb von zwei Tagen war das freilich dadurch beschränke Kartenkontingent auch schon ausverkauft gewesen. Und den Schauspielern war das Glücksgefühl sehr anzuspüren gewesen, nach vier Monaten Zwangspause wieder auf der Bühne stehen zu dürfen, vor Publikum. Mit dem Stück, das Prof. Christoph Nix selbst geschrieben hat und in dem er auch Regie führt, feiert der Konstanzer Theaterintendant denn auch seinen Abschied. Und es war gleichzeitig "Vorstellung". Denn die Vertreter des Theaterfestivals Telfs in Tirol, die ihn ab 2021 für vier Jahre als Intendant erwählt hatten, bekamen so die erste Möglichkeit durch die Corona-Zwangspause, das Konstanzer Theater live zu erleben. Und das in bemerkenswert guter Form, mit der auch eine kleine Unterbrechung durch ein ausgefallenes Mikrophon bestens weggesteckt werden konnte.

Ein Historienspiel, mag man im ersten Augenblick denken, wenn gleich eine ganze Schar schwarz gekleideter Mönche den Platz am Münster betritt. Es ist Delegationen des Konstanzer Münsterchor unetr der Leitung Steffen Schreyer, bewehrt mit Plexiglas vor dem Gesicht, damit sie unter Corona-Bedingungen singen dürfen, angesichts ihrer stimmlichen Qualität kann man auch das bald übersehen. Die weiteren Mönche vom Ensemble sind indes nötigt, denn die Geschichte von Hermann dem Krummen (1013 bis 1054) hat sich im Kloster Reichenau zugetragen. Das Kind von Hiltrud und Wofrag von Altshausen ist von Kindheit an gelähmt, soll hier im Kloster abgelegt werden um keinen Schatten auf die Herrschaft der Adeligen zu werfen. Es solle hier in seiner Zelle vor sich hinkrüppeln meint sein Vater bei einem seiner Kontrollbesuche. Doch Hermann der Krume mag körperlich behindert sein, er kann, und das ist die große Geschichte, die eben nicht in ein Historienspiel passt, mit seiner inneren Freiheit die Schranken seiner Gebrechen überwindet. Als Beobachter des Horizonts erkennt er, dass die Erde rund sein muss, was nicht nur das Kloster in höchste Aufregung versetzt. Und - im Stück kann Hermann, eindrucksvoll gespielt von Sarah Siri Lee König - auch laufen. Seine Behinderung wird sehr berührend von Tänzer Mike Planz in einem eigenen Bild umgesetzt. "Wenn die Erde rund ist wie ein Apfel, dann gibt es kein Unten und Kein oben" ist die Erkenntnis" die sich leider bis heute noch nicht durchgesetzt hat. Und auch im Kloster teilen sich die Lager ein. Abt Berno (Peter Cieslinki), der Mönch Berthold (Georg Mehlich) als "Betreuer" sehen das Potential des "Krummen", der auch erkennt, dass die Seele nie den Mächten, sondern dem Menschen selbst gehört. Gegen seine für die damalige Zeit ungeheuerlichen Gedanken baut sich eine Front auf, inklusive des Vaters, den die doch sehr lebende Präsenz seines Sohns in Zorn versetzt. Hier auf dem Münsterplatz gibt es noch eine Stimme. "Gott" mag man Anfangs meinen, doch es ist die von Stephen Hawking, dem genialen Entschlüssler unserer Welt, der aber die Frage von Hermann, was denn nun ganz am Anfang war und aus was Gott die Welt geschaffen haben könnte, nicht beantworten kann - wer könnte das auch.

Dramatisch wird das Stück immer wieder, etwa als Hermann auch gerne bunte Tücher tragen würde, und als sein Fürsprech Berno stirbt und sein Nachfolger die Theorien, die gar ein Buch als neues Weltbild werden sollen, doch die Ahnung, dass Herman doch etwas weiß, was die Schranken vielen Unwissens der damaligen Zeit überwindet, und das in manchen fein gesetzten Sprüngen in die Gegenwart, auch klar macht warum ein "Virus" solche Schranken setzen kann. Doch das Stück braucht ein Happy End, inklusive der sozialen Geste - und die Frage bleibt: war das ein gestrafter Gottes? Für seinen Abschied jedenfalls ist es Christoph Nix mit Zenta Haerter und Lorenz Leander Haas als Ko-Regisseure gelungen Zeichen in eine Zeit zu setzen, die gerade nicht weiß wohin sie will.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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