Dramatische Worte bei Videochat mit Andreas Jung
Die Luft wird zu dünn für die Ärzte auf dem Land

Andreas Jung bei der Viodkonferenz mit Ärzten aus dem ländlichen Raum in der Region: die Forderung nach einer Änderung der Politik sind klar ausgesprochen. | Foto: Bildschirmfoto
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  • Andreas Jung bei der Viodkonferenz mit Ärzten aus dem ländlichen Raum in der Region: die Forderung nach einer Änderung der Politik sind klar ausgesprochen.
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Kreis Konstanz. Das Gesundheitssystem ist aktuell im Umbruch, denn die Finanzierungsfrage wird von vielen Seiten immer deutlicher gestellt und der Zugzwang immer stärker, denn das "So kann's nicht weiter gehen" tönt auch aus immer Sparten in Richtung Berlin.

Wo der Schuh aktuell am meisten drückt und wie die Politik sich bewegen sollte, das loteten kürzlich der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung und sein CSU-Kollege Dr. Stephan Pilsinger aus dem Raum München als Vertreter des Gesundheitsausschusses des Bundestags aus, auch um dort auch den von der CDU/CSU an den Bundestag gestellte Forderungspapier zur Stärkung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum zu platzieren.

Wie dramatisch die Entwicklungen für die niedergelassenen Hausärzte im ländlichen Raum sind, schilderten bei dem Video-Meeting unter anderem Dr. Marc Nagel vom Gesundheitszentrum Egelsee in Hohenfels, Dr. Christoph Graf aus Gottmadingen, Dr. Jürgen Mäder aus der Gemeinschaftspraxis Gaienhofen, Josef Schraff mit seiner Praxis im Deggenhausertal und Dr. Kurt Amann für seine Internistische Praxis in Radolfzell.
Aus den Reihen der Ärzte wurde inzwischen auch ein Brief als Weckruf in Richtung zum "so kann's nicht weiter gehen" geschickt, der klar zum Handeln auffordert. Auch, weil das Verhältnis zwischen Aufwand und Vergütung immer mehr in Schieflage gerät und die Praxen sich zwischen Bedarf und vielen Regeln als Unternehmer an die Wand gestellt sehen.
Dr. Marc Nagel spürt die Herausforderungen der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum derzeit mit voller Wucht, wie er sagt: denn im Nachbarlandkreis Sigmaringen hätten die Praxen in letzter Zeit reihenweise dicht gemacht. In Messkirch gebe es gerade noch einen Hausarzt, noch einen in Wald. Die Patienten weichen nun zu ihm aus, aber seine Kapazitäten sind erschöpft. Und der Zuwachs an Patienten ist viel mehr Arbeit, die aber aufgrund der von der Kassenärztlichen Vereinigung verordneten Budgets der Praxis bringt. "Eigentlich müssten wir hier einen Arzt einstellen und das zu schaffen, den können wir aber nicht bezahlen", machte Marg Nagel deutlich. Letztlich sei eine Arztpraxis auch ein wirtschaftliches Unternehmen, die aktuelle Gesundheitspolitik wie die Kassen machten sie aber immer unwirtschaftlicher. 400 Patienten mehr würden ihm einfach nicht vergütet. Auf seiner Homepage bittet er um Verständnis, dass man die Sprechstunden reduzieren musste, schon seit April gibt es weniger Vergütung für die Behandlung.

Dr. Stephan Pilsinger kennt das Problem, weil der neben dem Bundestag doch noch in einer Praxis "vor München" mitarbeitet. Das Gefälle zwischen Stadt und Land erlebt er als gravierend. Daraus sei auch der Antrag geworden, da Umfragen auch zeigten, dass die Bevölkerung mit der aktuellen Situation auch immer unzufriedener werde, zumal der Mangel, der sich im medizinischen Fachpersonal fortsetzt, besonders die älteren BürgerInnen trifft, bei denen eine Nähe zur nächsten Praxis mit zunehmendem Alter immer wichtiger wird.
Trotz allem werde auch immer noch zu viel Geld zum Fenster herausgeworfen, das eigentlich der Gesundheitsversorgung dienen sollte, klagt Dr. Christoph Graf an. Aktuelles Beispiel ist für ihn das in der letzten Woche auf den Weg gebrachte "Gesundes Herz-Gesetz", denn darunter leider wieder die allgemeine Versorgung, was Graf spitz gesagt mit einer Reduzierung der Lebenserwartung der Patienten verbindet.

Kritisiert werden auch die Kassen, die die Ärzte mit Regressklagen überziehen, oft aus nicht nachvollziehbaren Gründen, wenn etwa andere Medikamente verschrieben werden als im Vertrag steht. Es gebe Untersuchungen, dass die Kassen ihr Regresssystem über durchgesetzte Forderungen nur zu einem Drittel finanzieren könnten, also selbst drauflegen müssten, was dann auch wieder in der Gesundheitsversorgung fehlte und die Verwaltungskosten aufblähe, kritisierten die Teilnehmer dieser Videokonferenz. Und dies vor dem Hintergrund, dass die gesetzlichen Krankenkassen derzeit eine Steigerung der Vergütung verweigern und 0 Prozent anbieten. "Das muss man einfach auch vor dem Hintergrund stehen, dass wir als Unternehmer im Krankheitsfall keine Lohnfortzahlung bekommen und dazu oft durch die Notdienste oftmals nach einer durchwachten Nacht in die Praxis müssen", kritisierte Dr. Hartmut Kästner aus Gailingen, der das Problem fundamental sieht: "Wir sollen hier als Unternehmer mit allen Risiken in einer Planwirtschaft überleben. Besser wäre es, die Leistung zu zahlen, die wir machen."

Eine Reduzierung der Arztkontakte, bei denen die deutschen mit 17 pro Jahr im Schnitt mindestens Europameister sind und von denen viele nicht nötig wären, die Stärkung des Hausarztes als Lotsen im Gesundheitssystem werden klar von den Ärzten angesprochen. Das CDU-Forderungspapier umfasst insgesamt 25 Punkte, die "im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel" umgesetzt werden sollten.
Vorgerechnet wird dort auch, dass dem ländlichen Raum immer mehr die Ärzte ausgehen, schon aufgrund der Altersstruktur. Andreas Jung verwies auf die elementare Bedeutung der Gesundheitsversorgung der Menschen, nicht nur im ländlichen Raum.  Was die Ärzte hier vortrugen, rief eher nach einer Task-Force, um eine angesagte Katastrophe zu verhindern.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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