Unternehmen testen Resilienz-Nischen
Das Handwerk stemmt sich gegen den konjunkturellen Trend
[b]Kreis Konstanz. [/b]Das regionale Handwerk hat sich im dritten Quartal überwiegend gut behauptet – trotz der negativen konjunkturellen Entwicklung auf Landes- und Bundesebene. In der Konjunkturbefragung der Handwerkskammer Konstanz bewerteten Dreiviertel der befragten Handwerksbetriebe ihre Geschäftslage im dritten Quartal des Jahres als „gut“ (74,3 Prozent).
Damit verbesserte sich die wirtschaftliche Situation im Handwerk im Vergleich zum Vorjahresquartal um fast zehn Prozentpunkte. 8 Prozent der Betriebe (Q3/2023: 5 Prozent) antworteten mit „schlecht“. Die Handwerkskammer Konstanz führt alle drei Monate eine Befragung unter den Mitgliedsbetrieben zur Einschätzung der wirtschaftlichen Lage durch.
„Handwerk wichtige Stütze für deutsche Wirtschaft“
„Das Handwerk hat starke Schultern. Es beweist sich gerade als wichtige Stütze für die Wirtschaft“, betont Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz. Doch er mahnt auch: „Nicht alle Betriebe können von der Entwicklung profitieren. Einige warten, dass sich die Situation für sie verbessert. Industrie und Bauwirtschaft schwächeln bundesweit. Das hat auch Konsequenzen für die Betriebe in den entsprechenden Gewerken.“
Allerdings stellt er fest, dass betroffene Betriebe sich ihre Nischen suchen und so eine Resilienz gegenüber dem Trend entwickeln könnten. Jüngst korrigierte die Bundesregierung ihre Konjunkturerwartungen für 2024 ja auch nach unten.
Geschäftslage aktuell überwiegend positiv
Im Ausbau- und Baugewerbe wurde die aktuelle Geschäftslage hingegen überwiegend als „gut“ eingeschätzt (Ausbau: 82 Prozent; Bau: 87 Prozent). Auch Betriebe im Bereich gewerblicher Bedarf gaben eine überwiegend positive Einschätzung ab. Der Wert von 62 Prozent lag jedoch deutlich unter dem Vergleichswert des Vorjahrs (Q3/23: 79 Prozent). Positiver als im Vorjahr bewerteten die Gewerke aus dem Bereich der Dienstleistung, Gesundheit, Nahrung und dem Kfz-Handwerk ihre Geschäftslage.
Pessimistischer Blick nach vorne
Doch viele Betriebe in der Region sind skeptisch, dass sich die aktuelle Geschäftslage als stabil erweisen wird. Die befragten Unternehmer erwarten für das vierte Quartal einen deutlichen Dämpfer. Nicht einmal jeder fünfte Betrieb geht von einer guten wirtschaftlichen Entwicklung (Q3/2024: 19 Prozent) zum Jahresende aus, 24 Prozent von einer schlechten Entwicklung.
„Handwerk braucht Unterstützung“
„Das Handwerk möchte anpacken und erneuern. Doch dafür braucht es entsprechende politische Bemühungen. Die Umfrage zeigt: Das Handwerk ist da, allerdings brauchen wir Unterstützung“, resümiert Werner Rottler. Der ersehnte Aufschwung bliebe weiterhin aus. Das Handwerk leiste dennoch täglich seinen Beitrag, um das Land am Laufen zu halten. „Neue Heizung, neue Frisur, neue Straße oder neuer Einbauschrank – wir können selbstbewusst behaupten, dass unsere Produkte und Dienstleistungen unverzichtbar sind“, sagt der Schornsteinfegermeister.
„Investitionen schaffen Grundlage für Innovationen“
Die öffentliche Hand müsse die Konjunktur anschieben. „Dringend notwendige Investitionen werden aufgeschoben, die Infrastruktur kaputtgespart. Wer sich die Energieeffizienz öffentlicher Gebäude anschaut, den Zustand von Straßen, Schulen und Universitäten, der erkennt schnell, dass hier etwas getan werden muss.“
Wer dabei ausschließlich auf die Ausgabenseite schaue, blicke zu kurz. „Diese Investitionen fließen ins Handwerk und in eine zukunftsfähige Struktur unseres Landes. Wir müssen an Schulen und Universitäten, in Bildungshäusern und Kindergärten eine Atmosphäre schaffen, in der Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene gerne lernen und sich ausprobieren können. So schaffen wir die Grundlage für Innovationen, die unser Land weitervoranbringen.“
Über alle Gewerke hinweg haben sich bei den befragten Betrieben Auftragslage und Umsatz im Vergleich zum Vorjahr leicht verschlechtert. Während 19 Prozent der befragten Betriebe die Auftragslage als gut ansahen (Q3/2023: 19), bewerteten sie 36 Prozent als schlecht (Q3/2023: 24 Prozent).
Bereitschaft für Investitionen gesunken
Im Vergleich zum dritten Jahresquartal 2023 berichtet aktuell etwa jeder fünfte Betrieb (22 Prozent; Q3/2023: 26 Prozent) von gestiegenen Umsätzen. Gleichzeitig geben auch etwas mehr Betriebe als im letzten Jahr an, dass ihre Umsätze gesunken seien (23 Prozent; Q3/2023: 19 Prozent).
Da wichtige Impulse fehlen, schätzen die von der Rezession besonders betroffenen Gewerke (Bau, Ausbau, gewerblicher Bedarf) die Erwartungen für das vierte Quartal im Durchschnitt negativer ein als noch im Vorjahr. Über alle Gewerke hinweg ist die Bereitschaft für Investitionen gesunken – auch für die nahe Zukunft.
Auch die Beschäftigten-Zahlen haben sich im dritten Quartal kaum verändert. So gab es bei den Betrieben zwar etwas seltener als im Vorjahresquartal einen Anstieg bei der Zahl der Beschäftigten (15 Prozent; Q3/2023: 18 Prozent), allerdings auch seltener einen Rückgang (10 Prozent; Q3/2023: 21 Prozent).
Nahezu unverändert ist aktuell der Grad der Auslastung der betrieblichen Kapazitäten. So waren im Vorjahresquartal 55 Prozent der Betriebe zu über 90 Prozent ausgelastet. Aktuell liegt dieser Anteil bei 51 Prozent.
Autor:Presseinfo aus Singen |
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