Maskenpflicht, Hygiene- und Lüftungskonzept, Hybridunterricht - schwierige Zeiten für Schüler und Lehrer
»Corona hält uns richtig auf Trapp«

Schule in Corona-Zeiten | Foto: Comic von Rainer Demattio, Eichendorffschule Gottmadingen
  • Schule in Corona-Zeiten
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Landkreis Konstanz (of/mu). Der »Lockdown-Light« seit Anfang November wie auch die damit verbundenen Kontakt-
beschränkungen wirken sich auch immens auf das Schulleben aus, denn dort herrschte ja bisher die Maskenpflicht nur auf dem Weg in die Schule und in die Klassenräume, jetzt gilt sie die ganze Zeit des Unterrichts. Die Stimmung ist geteilt, machen viele Gespräche des WOCHENBLATTs deutlich. Disziplin ist die eine Seite, Kopfweh die andere, richtiger Stress eine dritte.

Enorme Einschränkung

Viele Schüler empfinden die Maskenpflicht als eine enorme Einschränkung was den Unterricht angeht, denn die Verständlichkeit ist durch die Maske doch eingeschränkt und der Unterricht wie der ganze Aufenthalt in der Schule ist durch die ständigen Maskenkontrollen geprägt, wie eine Gruppe von Schülern aus verschiedenen Hegaugemeinden in Gesprächen mit dem WOCHENBLATT sagte, bei denen auch die Mütter dabei waren.

Die hatten auch Alarm geschlagen, weil sie doch einigebesorgniserregende Veränderungen an ihren Kindern in diesen Wochen feststellten. Auf Wunsch von Eltern und Kindern werden die Namen nicht öffentlich genannt.

»Das hat es noch nie gegeben, dass sich meine Tochter, wenn sie von der Schule zurückkommt, erst mal eine Stunde ins Bett legt«, sagt eine Mutter. Und das Mädchen sagt auch, dass ihre Schultage von Kopfweh geprägt sind. So in der dritten oder vierten Stunde fange das an und störe die Konzentrationsfähigkeit ganz schön, zumal auch auf dem Schulhof die Masken nicht abgenommen werden dürfen an dieser Schule und das scharf mit der Androhung von Sanktionen kontrolliert werde. „Uns wurde von der Schulleitung richtiggehend Angst gemacht“, so das Mädchen. Dazu kommt ja auch, dass in den Klassenzimmern immer wieder die Fenster zum Lüften geöffnet werden müssen.

Die Maske darf nur abgezogen werden, wenn das Vesper im Klassenraum verzehrt werden darf, was in einigen Schulen so geregelt ist. Ein anderer Schüler verspürt das Kopfweh schon ab der zweiten Stunde und er wartet förmlich darauf, die Maske wieder los zu werden. »Obwohl ich schon eine ganz dünne Maske trage, die möglichst viel Luft durchlässt«, sagt er.

»Wenigsten gibt es jetzt durch die Lehrer an unserer Schule das Angebot zu einem Spaziergang im Freien, wenn auch nicht jeden Tag«, so der Schüler weiter. Vor allem Deutschunterricht, wo viel gesprochen werden soll, wird zu kleinen Tortour.

Niedriger Sauerstoffgehalt im Blut

Eine Mutter wollte dem von allen Schülern geschilderten Kopfweh auf den Grund gehen und machte einen Test mit einem »Oximeter«, der vom Finger aus den Sauerstoffgehalt im Blut misst. »Der Normalwert liegt bei 98, gemessen wurden 92. Bei einem Wert von 85 wird das schon richtig gefährlich«, so die Mutter.

Manche haben auch schon versucht sich von der Maskenpflicht über den Arzt befreien zu lassen, aber das habe nicht funktioniert. Die Eltern meinen inzwischen, dass Homeschooling oder ein Hybridunterricht da fast noch die bessere Lösung wären. »Doch die Kinder sagen klar, dass sie eigentlich in die Schule wollen«, so eine Mutter, was von den Schülerinnen und Schülern bei diesen Gesprächen klar bestätigt wurde.

Denn angesichts aller anderen Einschränkungen derzeit geht es dabei einfach um die sozialen Kontakte, wie sie deutlich machen. Auch wenn dabei viel von der Mimik fehlt.

Abstandsregeln würden eigentlich ausreichen, meinen die Schülerinnen und Schüler. Das würde wieder viel mehr Qualität im Unterricht möglich machen. Denn auch die Lehrer müssen ja Masken tragen.

Corona hält uns ganz schön auf Trapp

Bettina Armbruster, Amtsleiterin am Staatlichen Schulamt Konstanz, gibt unumwunden zu: »Corona hält uns wirklich auf Trapp«. Und das breit gestreut und in unterschiedlichen Bereichen. Zum Beispiel bei der Maskenpflicht, die ab Klasse 5 gilt. Wenn SchülerInnen eine Ausnahme vom Maskentragen und von zuhause Fernlernen wollen, müssen sie ein plausibles ärztliches Attest vorlegen, das bei Bedarf überprüft wird. Zudem beschäftigen auch Eltern als Maskenverweigerer und LehrerInnen, die die Anordnung anzweifeln, die Behörde. »Das ist ein sehr breites und arbeitsintensives Gebiet«, fasst Bettina Armbruster zusammen. Nicht weniger anspruchsvoll sind die Themen der unterschiedlich digitalen Ausstattung der Schulen sowie die notwendige Lehrerfortbildung auf diesem Gebiet. »Wenn die Infrastruktur nicht einheitlich gut ist, dann wird es schwierig«, weiß die Amtsleiterin.

Sie spricht sich aber gegen eine Vereinheitlichung des Digitalisierungsprozesses an Schulen aus, denn die Schulen müssen ihre digitalen Visionen im Medienentwicklungsplan mit den pädagogischen Konzepten und der Machbarkeit durch den Schulträger abgleichen. »Da macht es Sinn Freiheit für individuelle Lösungen zu geben«, ist Armbruster überzeugt.

Frische Luft und Digitalisierung

Dies gilt auch für die Ausstattung der Klassenzimmer mit Lüftungsanlagen, die vor allem in schlecht belüfteten Räumen Sinn machen. Selbst mit den Lüftungsanlagen sei regelmäßiges Stoßlüften unerlässlich, auch wenn es immer wieder Beschwerden wegen der niedrigeren Raumtemperatur gebe, so die Amtsleiterin. Sie nimmt zunehmend Stress- und Belastungssymptome wahr, je länger die Corona-Situation andauert. Und dies nicht nur bei SchülerInnen und Eltern sondern auch bei LehrerInnen, die unter der Unsicherheit und Anspannung leiden. Als logistische Meisterleistungen bezeichnet Bettina Armbruster die Schulorganisation und Durchführung der Vorgaben an den Schulen, wo die Lehrkräfte durch neue, intensive Aufgaben zusätzlich gefordert werden und zudem die Kinder wohlwollend begleiten. Dabei machen die Abläufe deutlich, dass Probleme, die schon vor der Corona-Pandemie bestanden, nun wie durch ein Brennglas extrem verstärkt werden. Als Beispiel führt sie die Schülerbeförderung an, wenn die SchülerInnen dicht gedrängt in Bus und Bahn stehen.

»Sonst gehts nicht«

Problemlösungen stehen auch in der Eichendorffschule in Gottmadingen auf dem Stundenplan. So appelliert Rektorin Cosima Breitkopf an die Vernunft von Schülern und Eltern, die gesetzlich vorgeschriebenen Vorgaben einzuhalten, »denn sonst geht’s nicht«. Die gegenwärtige Lage mit Maskenpflicht, Hygieneregelungen,
Lüftungskonzept und Abstandsregeln sei für alle – SchülerInnen wie LehrerInnen – anstrengend und belastend. Doch das Einhalten dieser Regeln ist Voraussetzung, »das Lernen und Leben in der Schulgemeinschaft weiterhin zu ermöglichen. Dazu braucht es Rücksichtnahme und Verständnis«, so Cosima Breitkopf. Die Zahlen geben ihr recht: Seit September sind von Schülerseite keine Corona-Fälle mehr in der Gottmadinger Schule aufgetreten. Die bestehenden digitalen Möglichkeiten der Eichendorff-Realschule Schule sind allerdings nicht optimal, weiß die Rektorin. Zwar sind die SchülerInnen mit Endgeräten ausgestattet, doch in den Klassenzimmern gibt es kein WLAN, was einen möglichen Hybrid-Unterricht erschweren würde. Das soll langfristig im Schulneubau anders werden. Doch auch die Lehrerkapazitäten würden bei gleichzeitigem Präsenz- und Digitalunterricht knapp, befürchtet die Schulleiterin.

Maskenverweigerer nach Hause geschickt

Dennoch ist das Klima im Kollegium gut und alle sind froh, dass die SchülerInnen noch im Präsenzunterricht lernen können. Bei Eltern und Schülern sei die Stimmung allerdings insgesamt gereizt, besonders seit die Maskenpflicht eingeführt wurde. Einige Schüler, die das Maskentragen verweigerten, mussten zum Schutz der anderen nach Hause geschickt werden. In einem Elternbrief bat die Schulleiterin nochmals um Verständnis und Unterstützung: »Die aktuelle Situation ist für alle eine große Herausforderung und Belastung. Wir können diese Krise aber nur meistern, wenn wir uns an die von der Landesregierung vorgegebenen Regeln halten. Die Schule soll auch weiterhin ein Ort der Begegnung, des Lernens und des sozialen Miteinanders sein. Bitte unterstützen Sie uns und Ihre Kinder, damit die Schule geöffnet bleiben kann.«

Manche sind fit fürs Homeschooling

Weniger problematisch ist die Situation im Gymnasium in Engen mit rund 500 SchülerInnen in 21 Klassen. Rektor Thomas Umbscheiden: »Die Maskenpflicht ist kein Thema, weniger als eine Handvoll Schüler nehmen über die Fernbeschulung von zuhause aus digital am Unterricht teil«. Auch eine Lehrerin, die zur Risikogruppe gehört, unterrichtet von Zuhause aus. »Für diese Art von Unterricht sind wir optimal ausgestattet«, freut sich Umbscheiden. Sechs Konferenzräume mit Audiotechnik und Kameras wurden eingerichtet, über eine Schul-App sind SchülerInnen und LehrerInnen direkt miteinander verbunden und die Schüler wurden bei Bedarf mit Endgeräten versorgt. Auch der Plan eines möglichen Hybrid-Unterrichts steht mit jeweils zwei Klassengruppen, die vor Ort oder digital am Unterricht teilnehmen können. »Wir könnten morgen damit beginnen«, erklärt der Rektor. Einzige Schwachstelle ist eine nicht ausreichende Internetversorgung in manchen Wohngebieten der Stadt.

Disziplin und pubertärer Widerstand

Die Maskenpflicht macht den Schulen auch jede Menge Arbeit. Lehrer werden da zu Kontrolleuren, Rektoren zu Mahnern.Dieter Toder, Leiter der evangelischen Schule Schloss Gaienhofen, ist klarer Verfechter der Maskenpflicht. Die Schule habe seit den Sommerferien schon zwei Mal einen Lockdown durchziehen müssen. »Distanzregelungen bekommen wir nicht durgesetzt, deshalb müssen die SchülerInnen Masken tragen. Und sie können das mit Papiermasken tun, die die öfter wechseln«, sagt er auf Anfrage des WOCHENBLATT. Darüber sei er auch mit der Schülervertretung in Kontakt, die aus seiner Sicht hier gut Kooperiere. Aus seiner Sicht sind Kinder durchaus gefährlich, weil sie das Virus verbreiten könnten, ohne selbst stärkere Symptome zu entwickeln. Dass die Botschaft nicht überall ankommt zeigt ihm dagegen, dass SchülerInnen, die ins Dorf zum Imbiss gingen, sich gleich der Maske entledigten wenn sie nicht mehr auf dem Schulgelände seien. Aus seiner Sicht wäre Homeschooling oder Hybridunterricht kein Problem. Man habe als erste Schule im Kreis schon auf digitale Angebote und «IPads« als Grundausstattung gesetzt.

Homeschooling in der Mensa

»Wir nehmen das alles als Herausforderung an, so Oliver Schmohl, Rektor der Singener Beethoven Grund- und Gemeinschaftsschule. Auch die Schule hat schon mal den Quarantäne zustand erleben, gleich nach den Sommerferien. Die Schule habe ein sehr aufwändiges Hygienekonzept mit versetzten Anfangszeiten entwickelt um Aufläufe zu vermeiden, sagt er dem WOCHENBLATTA auf Anfrage. Die ständigen Ermahnungen an die Schüler würden schon nerven, aber es sei wichtig, dass die Schüler in die Schule kämen.

Freilich sieht er einen »Hybridunterricht«, also abwechselnd in der Schule und daheim nahen. »Dafür sind wir vorbereitet«, macht er deutlich. Weil als Problem erkannt wurde, dass verliehene Laptops alleine nichts nützen, wenn es daheim auch kein WLAN oder auch keinen Drucker gibt, hat die Schule mehrere Arbeitsplätze in der Mensa eingerichtet, die ja derzeit auch nicht genutzt werden kann. Das wäre dann »Homeschooling« in der Schule. Die Qualität der Pädagogik leide unter den aktuellen Umständen durchaus. Wegen der »Durchmischung« gibt so gut wie keine AG’s. »Da ist die Ganztagsschule gerade ein Stück weit Kinderaufbewahrung.“

Sextaner kennen nur die Maske

»Die Schüler bei uns sind eigentlich sehr regelbewusst und diszipliniert«, sagt Sabine Beck, Leiterin des Friedrich-Wöhler-Gymnasium in Singen. Regelbrüche seien eigentlich auch Teil der Pubertät, sagt sie relativ gelassen, wenn sie auch bekennt, dass es anstrengener geworden sei für alle Schüler nun den ganzen Schultag mit Maske bewältigen zu müssen. Da liege manchmal schon eine Eskalation in der Luft.Besonders die im Herbst eingeschulten Sextaner, hätten bisher die Schule nur mit Maske erlebt, sie wüssten gar nicht, wie sich Schule ohne Pandemie anfühle. Positiv sei ja, dass wenigstens bei Abschlussprüfungen bei Abstand die Masken abgelegt werden dürfen.

Autor:

Ute Mucha aus Moos

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