Energiewendebericht der HTWG zeigt deutlichen Handlungsbedarf auf
"Alle Ziele der Energiewende im Landkreis verfehlt"
Konstanz. Das Kompetenzzentrum Energiewende Region Konstanz hat den dritten Monitor Energiewende veröffentlicht. Ein Ergebnis: Effizienzsteigerungen im Bereich Gebäudebeheizung und Einsparungen im Sektor Industrie stehen einem deutlichen Anstieg der Emissionen im motorisierten Individualverkehr gegenüber. Sechseinhalb Prozent des Endenergieverbrauchs wurden im Jahr 2014 erst aus regionalen erneuerbaren Energiequellen gedeckt. Das Ziel für 2025 liegt bei 25 Prozent.
Das Kompetenzzentrum Energiewende Region Konstanz hat im dritten Jahr in Folge einen Energiewende-Bericht für den Landkreis Konstanz auf Basis der neuesten vorliegenden Daten veröffentlicht. Demnach ist der Endenergieverbrauch pro Person im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Prozent auf 23,7 Megawattstunden pro Einwohner gesunken. Dies liegt weniger am Rückgang individuellen Konsums, sondern zum einen an einem deutlichen Rückgang des Energieverbrauchs in der Industrie (minus 9,4 Prozent), zum anderen daran, dass der Zuwachs der Wohnfläche hinter dem Zuwachs der Bevölkerungszahl zurück geblieben ist. Die daraus resultierenden energiebedingten Emissionen lagen im Jahr 2014 bei rund 7,9 Tonnen CO2 pro Einwohner. Die Klimaschutzziele der Landesregierung sehen eine Reduktion auf 6 bis 6,5 Tonnen pro Einwohner bis zum Jahr 2020 vor.
Wenn auch die erzielten Einsparungen zum Erreichen der Klimaschutzziele nicht ausreichen, zeigt der Energiewendebericht, dass der Energieverbrauch in fast allen Bereichen sinkt und bei einem bewussteren Umgang mit Energie noch deutlich größere Einsparungen möglich wären. Jedoch kam es im Gegensatz zu den übrigen Sektoren zu einer Trendumkehr im Sektor Verkehr, in dem der Energieverbrauch deutlich gestiegen ist. Vor allem die Zunahme des Pkw-Verkehrs pro Einwohner hat sich in den Jahren 2014 und 2015 im Vergleich zum Zeitraum zwischen den Jahren 2000 und 2013 erheblich beschleunigt. „Die Zunahme des Verkehrs insgesamt und der Trend zu größeren Fahrzeugen mit höherem Treibstoffverbrauch kompensieren einen großen Teil der in anderen Sektoren erzielten Energieeinsparungen“, sagt Sven Simon, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung den Bericht verfasst hat. Der Individualverkehr sei neben einer Erhöhung der Sanierungsquote und einem beschleunigten Zubau erneuerbarer Energien einer der wichtigsten Schlüssel zu einer gelingenden Energiewende, so Simon.
Vier Jahre nach der Gründung des Kompetenzzentrums Energiewende Region Konstanz legt das Projektteam der Hochschule Konstanz – Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) mit Unterstützung der 24 partnerschaftlich verbundenen Unternehmen, Kommunen und Organisationen zum dritten Mal eine umfangreiche Datensammlung vor. Der Monitor führt landkreisweite Daten zum Energieverbrauch, zu Treibhausgas-Emissionen und der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien vor. Dabei gibt er detailreich Auskunft beispielsweise über Emissionen nach Energieträgern oder den Energieverbrauch pro Einwohner nach Verwendung.
Bei der Datenerhebung des aktuellen Monitors lag der Fokus auf der Frage, wie sich die ungewöhnlich hohe Bevölkerungszunahme in den Jahren 2014 und 2015 um 7700 Neubürger im Landkreis ausgewirkt hat. Zum anderen wurde untersucht, welche Stellschrauben sich eignen, um den Energiebedarf und die Treibhausgasemissionen in dem Umfang zu reduzieren, dass die von der Landesregierung Baden-Württemberg 2014 definierten Klimaschutzziele erreicht werden. Dabei wurde der Endenergieverbrauch und die daraus folgenden Treibhausgasemissionen innerhalb der Sektoren Wohnen, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistung betrachtet. Wie trotz des Bevölkerungswachstums Energiebedarf und Emissionen reduziert werden können, zeigen verschiedene Szenarien in dem Bericht, die im Detail die Auswirkungen verschiedener Bauweisen von Neubaugebieten, unterschiedliche Wohn- und Belegungsdichten und Sanierungsquoten vergleichen.
Der Trend geht weiter dahin, dass technologisch mögliche Effizienzsteigerungen großteils durch verändertes Konsumverhalten kompensiert werden und bisher sämtliche Klimaschutzziele verfehlt werden: „Das zeigt, dass technische Effizienzsteigerungen alleine nicht ausreichen, um die Klimaziele zu erreichen. Auch Lebensstilentscheidungen, wie die Wahl des bevorzugten Verkehrsmittels oder der beanspruchten Wohnfläche sind entscheidend“, erläutert Sven Simon.
„Der Bericht zeigt, dass wir noch einen weiten Weg zu gehen haben. Die bisherigen Anstrengungen werden nicht ausreichen, um das Landesziel zu erreichen oder auch das in Paris vereinbarte Klimaabkommen einhalten zu können“, sagt Prof. Dr. Thomas Stark, mit Prof. Dr. Maike Sippel Leiter des Kompetenzzentrums Energiewende.
Parallel zu Energie-Einsparungen müsste die Erzeugung erneuerbarer Energien stark ausgebaut werden. Hier verzeichnet der Bericht im Landkreis nahezu einen Stillstand seit 2011. Ohne erheblich verstärkte Anstrengungen in diesem Bereich bleiben die Ziele der Landesregierung im Landkreis außer Reichweite.
Der Bericht zum Download: http://www.energiewende.htwg-konstanz.de/monitor-energiewende/monitor-energiewende/
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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