Narrenpräsidenten veröffentlichen gemeinsame Presseerklärung
Narrenvereinigungen verärgert über komplettes "Fastnachtsverbot" der Polizei

Umzug Mäntig | Foto: Das alles wird es dieses Jahr nicht geben zur Fasnet, wie hier den Umzug am Fasnetmäntig in Gottmadingen. Die Polizei ist inzwischen sogar schon gegen das Aufhängen von Narrenbändeln vorgegangen. swb-Bild: of/Archiv
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  • Foto: Das alles wird es dieses Jahr nicht geben zur Fasnet, wie hier den Umzug am Fasnetmäntig in Gottmadingen. Die Polizei ist inzwischen sogar schon gegen das Aufhängen von Narrenbändeln vorgegangen. swb-Bild: of/Archiv
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Kreis Konstanz. Eine gemeinsame Presseerklärung haben die Präsidenten Roland Wehrle (Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte), Kurt Szofer (Narrenfreundschaftsring Schwarzwald-Baar-Heuberg) und Rainer Hespeler (Narrenvereinigung Hegau Bodensee) zum Thema restriktives Vorgehen des Polizeipräsidiums Konstanz gegen unsere Narrenzünfte nun herausgegeben:

„Bereits seit vielen Monaten beschäftigen wir, die 14 Narrenverbände der ARGE südwestdeutscher Narrenvereinigungen, uns intensiv und hoch verantwortungsvoll mit dem Thema Corona und Fastnacht. Ein Ergebnis der Besprechungen war zum Beispiel, dass wir bereits im September 2020 sämtliche Umzüge und Saalveranstaltungen im gesamten Südwesten abgesagt haben. Und das war auch richtig so, denn die Gesundheit der Akteure, Teilnehmer und Gäste muss oberste Priorität haben. Danach folgten klare Empfehlungen an unsere Zünfte, wie sie sich in Bezug auf Fastnacht unter Corona-Bedingungen zu verhalten haben.

Wir durften in den letzten Wochen erleben, dass auch unsere Narrenzünfte hoch sensibel mit diesem Thema umgehen. Sie haben viele kreative Ideen entwickelt, wie sie coronakonform und mit Genehmigung der Bürgermeister und Ordnungsämter ein klein wenig fastnächtliches Flair und Freude verbreiten können.

Genau aus diesem Grund war es für uns völlig unverständlich, weshalb das Polizeipräsidium Konstanz über deren Polizeiposten, ohne Rücksprache mit uns Verbänden, das beigefügte Schreiben an alle unsere Narrenzünfte geschickt hat, das einem kompletten Fastnachtsverbot sehr nahe kommt und in dem man bei Verstößen ein konsequentes Einschreiten androht. Und dem nicht genug. Unsere Zunftmeister wurden darüber hinaus von den Polizeiposten persönlich angerufen um zu prüfen, ob sie das Schreiben gelesen haben und um strikte Einhaltung einzufordern. Aussage eines Zunftmeisters: „Ich komme mir vor wie ein Verbrecher!“ Befremdlich ist die Art und Weise, wie die Narrenzünfte unter Druck gesetzt werden. Dies kann nicht der Stil sein, wie man mit mündigen Bürgern umgeht, die sich hoch verantwortungsvoll im Ehrenamt engagieren.

Außerdem steht es im krassen Gegensatz zu dem am Runden Tisch im Innenministerium Baden Württembergs vereinbarten Miteinander zur Sicherung des Kulturgutes Fastnacht. Dort hatte man erkannt, dass die Fastnacht mehr ist als nur Jubel, Trubel, Heiterkeit. Sie ist ein Fest der Sehnsüchte, der Mitmenschlichkeit, die soziale Schranken überwindet, Heimat vermittelt und fest im kulturellen Gedächtnis verankert ist.

In einer Videokonferenz am 28. Januar, an der auch das Polizeipräsidium Konstanz teilnahm, wurde uns von deren Seite mitgeteilt, dass Ursache dieser Haltung eine Anordnung des Innenministeriums sei. Heute wissen wir, dass diese Aussage einfach falsch war. Uns liegt zwischenzeitlich ein Schreiben des Innenministeriums vom 5. Februar vor mit folgendem Wortlaut: „Gerne möchte ich klarstellen, dass es keine Anweisung/Anordnung von oben, also vom Innenministerium, gab. Im Gegenteil wurde dieses Jahr darauf verzichtet, einen sogenannten Rahmenbefehl Fasnet an die Präsidien zu versenden.“

Aus einer Videokonferenz mit allen 14 Präsidenten der südwestdeutschen Narrenverbände vom 3. Februar wissen wir, dass es, soweit wir das nachvollziehen konnten, in ganz Baden-Württemberg kein weiteres Polizeipräsidium gab, das solche oder ähnliche Schreiben an seine Narrenzünfte verteilt, geschweige denn ein solch restriktives Vorgehen an den Tag gelegt hat.

Aber auch hinsichtlich der Strategie halten wir das vom Polizeipräsidium Konstanz angedrohte Vorgehen für falsch. Wir wissen, dass sich ein echter Narr die Fastnacht nicht komplett verbieten lässt. Wenn man so etwas tut und die Narren von der Straße treibt, treiben wir sie genau dahin, wo wir sie nicht haben wollen. Nämlich in die Hinterzimmer. Und dort sind die Gefahren einer Entstehung von Hotspots weitaus größer. Deshalb haben wir Narrenverbände empfohlen, kleinste Aktivitäten auf der Straße zuzulassen, um die dürstende Narrenseele wenigstens ein klein wenig zufriedenzustellen.

Was spricht beispielsweise gegen das Aufhängen von Narrenbändeln unter Einhaltung der Coronaregeln? Vom Polizeipräsidium strikt verboten. In vielen Gemeinden hängen sie schon und man erfreut sich an ein klein wenig närrischem Flair. Völlig unverständlich ist hierbei, dass Bändel nicht aufgehängt werden dürfen, weil dabei scheinbar das Infektionsrisiko erhöht werden würde. In Möhringen mussten die Bändel, die bereits hingen, von der Zunft wieder abgehängt werden. Wie sieht es hierbei mit dem Infektionsrisiko aus? Es wurde dann argumentiert, dass Bändel zum Feiern animieren würden.

Dieses Argument wurde übrigens auch von der Radolfzeller Bürgermeisterin Monika Laule aufgeführt in einem Bericht einer Zeitung. Am gleichen Tag schrieb der Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz ebenfalls, dass nichts zu beanstanden wäre, wenn der Bauhof diese Arbeiten übernehme. Animieren sie dann weniger zum Feiern? Aus unserer Sicht ist das lächerlich.

Übrigens, wenn wir gerade bei Radolfzell sind: Wie will man den Narren glaubhaft vermitteln, dass einerseits die MitarbeiterInnen der Verwaltung am Schmotzigen Donnerstag frei bekommen wie jedes Jahr um Fastnacht zu feiern, andererseits die Fastnacht jedoch mit dem gleichen Schreiben wie dem des Polizeipräsidiums praktisch verboten wird?

Was spricht dagegen, wenn zwei Holzer zu einer nicht angekündigten Zeit symbolisch einen kleinen Narrenbaum im Freien in ein Loch stellen unter Beachtung der Coronaregeln? Auch das ist gemäß Schreiben des Polizeipräsidiums strikt verboten. Oder auch eine Absetzung des Schultes, bei der zu einer nicht angekündigten Zeit der Schultes nach einem launigen Wortgefecht mit dem Zunftmeister diesem aus dem ersten Stock den Rathausschlüssel herunterlässt, das Ganze gefilmt und für die Mitglieder und Anhänger ins Netz gestellt wird? Wir sind froh, dass es noch Bürgermeister gibt, die sich nicht nur ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind, sondern auch den nötigen Pragmatismus haben, hier gute und coronakonforme Lösungen mit zu tragen. Zum Wohle unserer Fastnacht, die sicherlich nicht umsonst in die nationale Liste des immateriellen nationalen Kulturerbes der Deutschen UNESCO-Kommission aufgenommen wurde.

Gerade die jetzige Zeit erfordert von uns ein sensibles und differenziertes Vorgehen, Argumente und Erklärungen, die für die Menschen sinnig und nachvollziehbar sind, damit es uns gelingt, diese mitzunehmen. Ein brachiales Vorgehen gegen verantwortungsvoll handelnde Zunftmeister und Zünfte bewirkt das genaue Gegenteil. Es erzeugt Wut und Frust und kann sehr schnell zu einer „jetzt erst recht“-Reaktion führen, die wir alle nicht wollen.

Aus diesem Grund möchten wir das Polizeipräsidium bitten, sein angekündigtes „konsequentes Einschreiten“ nochmals zu überdenken und stattdessen mit dem nötigen Augenmaß und Fingerspitzengefühl unterwegs zu sein", so die drei Narrenpräsidenten in ihrer nun aktuell herausgegeben Erklärung.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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