CDU-Mittelstandsvereinigung opponiert gegen Konjunkturprogramm der eigenen Partei
Die Mehrwertsteuersenkung wird ein Bürokratiemonster
Freiburg/ Kreis Konstanz. Die Mittelstandsunion der vier Bezirksverbände in Baden-Württemberg begrüßt ausdrücklich, dass die durch Corona gebeutelte Wirtschaft auf Produzenten wie Konsumentenebene entlastet werden soll. Der vermeintlich große Wurf einer vorrübergehenden Senkung der Mehrwertsteuer um drei Prozent entwickelt sich jedoch bei näherer Betrachtung, zu einem Bürokratiemonster, das seines Gleichen sucht. bemerken die vier Bezirksvorsitzenden Ruth Baumann (Südbaden), Rolf Buttkus (Nodbaden), Ulrich Bauer (Nordwürttemberg) und Bastian Atzger (Württemberg/ Hohenzollern) nun in einem gemeinsamen Statement.
»Glaubt die Politik wirklich, dass es gelingen wird, binnen drei Wochen zur Nacht vom 30. Juni auf den 01. Juli sämtliche bei elektronischen Aufzeichnungssysteme mit Kassenfunktion und zertifizierter technischer Sicherheitseinrichtung bundesweit mal eben schnell den Steuersatz umstellen zu können? Wohlgemerkt, es geht um jede Kasse. Bundesweit«, fragen sie die Vier im Namen ihrer Mitglieder.
Und: "Muss die gebeutelte Gastronomie nun für sechs Monate auch noch sämtliche Speisekarten ändern? Soll der Einzelhandel in der berühmten Nacht alle bepreisten Waren (es gibt noch Betriebe, die etikettieren) neu auszeichnen, um es dann nach sechs Monaten erneut zu tun? Wo sind noch alte Quittungen und Rechnungsformulare mit dem reanimierten und nach einem halben Jahr zum Sterben bestimmten Mehrwertsteuersatz? Was ist mit Leistungen, die über einen langen Zeitraum erbracht worden sind und noch werden?« Dies betreffe auch kleinere Handwerksbetriebe, die nicht zwingend Arbeiten für den Stuttgarter Bahnhof ausführen.
Aufwands- und Ertragskonten müssten 2020 mit jeweils unterschiedlichen Steuern geführt werden. Ob die Finanzverwaltungen bei den Formularen in derart kurzer Zeit umgestellt werden können, sei ebenfalls unklar. »Wir erhoffen jeden Moment den Aufschrei des Normenkontrollrats zu dieser schnellen, aber nicht unbürokratischen Lösung«, meinen die vier Bezirksvorsitzenden.
»Bevor man eine gute Idee und eine wirklich nötige steuerliche Entlastung in einem Kurzschluss auf den Weg „zwingt“, wäre zu überlegen gewesen, ob es nicht einen anderen Lösungsansatz gegeben hätte. Für diese Interimsentlastung stünden Aufwand und Ertrag nämlich in einer sehr fragwürdigen Relation.
Der Wirtschaftsmotor und Wirtschaftsstandort brächten natürlich dringend Entlastung. Nur in der angedachten Weise könnten sie durch Bürokratie erstickt werden oder als Strohfeuer enden, wird befürchtet. Die Zielrichtung
stimme, die Umsetzung sollte jedoch schnell nachgebessert werden ist die Forderung aus dem CDU-Mittelstand, immerhin aus der Partei, die ja die Regierung mit stellt, die das mit beschlossen hat im Koalitionsausschuss.
Die wirklich spürbaren Kostenfresser beim Mittelstand und den Bürgern seien vor allem Ausgaben für Mieten, Mobilität und Strom – drei Stellschrauben, die der Staat durch eine bessere Bau-, Verkehrs- und Energiepolitik und geringere Besteuerung in diesen Bereichen es selbst in der Hand habe. Langfristige Coronafolgen bräuchten eine langfristige und strategische Wirtschaftspolitik - sechs Monate Umsatzsteuersenkung reichten dafür nicht aus.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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